12.07.2013, 08.00 Uhr

Die Lieferung von  270 Leopard-Kampfpanzern im Wert von mindestens fünf Milliarden Euro des größten deutschen Panzerbauers Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) an Saudi Arabien ist so gut wie geplatzt - die potenziellen Auftraggeber haben einen neuen Partner gefunden. Das bestätigten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen gegenüber den Medien. KMW selbst wollte sich nicht äußern.

Zunächst hatten die Saudis dem Leopard zwar den Vorzug gegeben. Die negative Presse und die zweifelhaften, sensationspopulistischen politischen Debatten bewegten die Entscheidungsträger nunmehr aber zum Rücktritt von den Kaufabsichten. Die Araber verhandeln inzwischen  intensiv mit dem US-Konzern General Dynamics, ein Abschluss scheint in Sicht. Statt der deutschen Leoparden werden dann amerikanische M1-Panzer an die größte Golf-Monarchie geliefert.

Die politische Opposition, die Kirchen und selbst Teile der KMW-Eigner (infolge des öffentlichen Drucks) hatten sich vehement gegen den Milliardendeal mit dem in Europa als autoritär verschrienen Regime ausgesprochen. Deshalb wollte der zuständige Bundessicherheitsrat die Genehmigung des umstrittenen Geschäfts auf die Zeit nach der Bundestagswahl im September verschieben, heißt es in Rüstungskreisen. Die Voranfrage von KMW, den Deal zu genehmigen, liegt in Berlin seit mehr als zwei Jahren auf dem Tisch. Offenkundig haben die Saudis inzwischen die Geduld verloren.

Darüber hinaus erscheint den Entscheidungsträgern in Saudi-Arabien inzwischen fraglich, ob der deutsche Mittelständler KMW überhaupt in der Lage wäre, den Großauftrag abzuwickeln. Zum einen konnten technische Probleme beim Wüsteneinsatz dieser Panzer nicht erwartungsgemäß beseitigt werden. Langzeit Tests unter wechselnden Witterungsbedingungen und Wüsteneinsatz zeigten dem als Wunderwaffe proklamierten deutschen Panzer deutliche Grenzen auf. Selbst bisher an befreundete Staaten ausgelieferte Chargen zeigen sich unter Einsatzbedingungen nur bedingt einsatzfähig. Der Leopard bildete praktisch das Rückgrat der australischen Panzerverbände, wurde inzwischen aber wegen der erwähnten Mängel und der mangelnden Fähigkeit zum Wüsteneinsatz durch den M1 ersetzt. Zudem stehen nach Ablieferung der Panzer umfangreiche Serviceaufgaben an: die Ausbildung der Besatzungen, der Aufbau von Ersatzteil-Lagern, der Einsatz von Mechanikern für die Reparatur. Eine solche Infrastruktur aber müssten die Deutschen erst noch aufbauen, die US-Konkurrenz dagegen ist bereits in Arabien präsent – andere Golfstaaten und Ägypten haben sich längst für den bewährten Amerikaner entschieden. KMW erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 936 Millionen Euro – der Ausfall dieses Großauftrages bedeutet sicher nicht nur für dieses mittelständische Unternehmen einen dramatischen Einbruch. Deutsche Waffensysteme geraten zunehmend in die Kritik – neben den ständigen Spielereien auf dem politischen Parkett zeigen sich zunehmend Fehlleistungen im Ingenieurs- und Entwicklungswesen, dramatische Qualitätsvernachlässigungen und mangelnde Innovation als Verkaufshindernisse auf dem  internationalen Waffenmarkt. Wer den Schrott der untergegangenen Sowjetunion modernisieren will hat wenig Interesse an fabrikneuem, militärisch unbrauchbarem Industriemüll aus Europa.

 Frá Helen de Pinho

Ritter des Tempels

12.07.2013 | 2176 Aufrufe