Der Linke Traum ist ausgeträumt – Argentinien muss sich den Realitäten stellen. Das Verdikt der argentinischen Wähler ist eindeutig. Das sogenannte Modell Kirchner ist in seiner Endphase angekommen. Jahrelang gelang es Néstor, dem inzwischen verstorbenen Ex-Präsidenten, und Cristina Kirchner mit kurzfristig wirksamen Maßnahmen und dank der hohen Rohstoffpreise, ein relativ starkes Wachstum zu erzielen und den Wählern ein argentinisches Wirtschaftswunder vorzugaukeln. Tatsächlich zeigt die Realität aber auch hier eine Wahrheit, die inzwischen in den meisten Staaten weltweit zu erkennen ist,  Argentinien hat seit Jahren über seine Verhältnisse gelebt. Das Modell Kirchner beruhte auf der Stimulierung des Konsums durch eine massive Steigerung der Regierungsausgaben. Die Regierung pumpte laufend mehr Geld in die Wirtschaft, um den Konsum zu fördern. Dies geschah durch Subventionen und mit überzogenen Sozialprogrammen aller Art sowie mit der Erhöhung der Zahl der Staatsangestellten von 2,2 auf 3,2 Millionen Beschäftigte  zwischen 2003 und 2012. Die Staatsausgaben wuchsen im selben Zeitraum von 17 auf 26 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Auf Dauer aber konnte dieses Wachstum ohne begleitende Investitionen nicht nachhaltig sein. Die Produktionskapazitäten waren schnell erreicht. Als Folge begann sich die Inflationsspirale zu drehen. Der Staatshaushalt geriet aus dem Gleichgewicht, und die Regierung suchte durch Zugriffe auf die Altersversicherung und die Devisenreserven Rettungsmaßnahmen zu etablieren, bis auch diese Quellen erschöpft waren.

Verzweifelt versuchte Cristina Fernández de Kirchner seit ihrer Wiederwahl mit einer Radikalisierung des linksorientierten Staatsprogramms das Steuer vor dem sich öffnenden Abgrund nochmals herumzuwerfen. Dabei beging sie die üblichen Fehler aller scheiternden sozialistischen Systeme. Sie verordnete Steuererhöhungen, einschneidende Importsperren für die Wirtschaft, verbot den Bürgern den Kauf von Dollars und enteignete den spanischen Mehrheitsanteil an der argentinischen Erdölgesellschaft YPF. Um den Widerstand gegen ihr immer autoritäreres Auftreten zu zerstreuen, versuchte die Präsidentin mit neuen Gesetzen, die oppositionellen Medien und die Justiz unter ihre Kontrolle zu bringen. Beides wurde aber von den zuständigen Richtern letztlich gebremst.

Kirchner hatte zuletzt, genau wie zuvor ihr verstorbener Ehemann,  versucht die Verstrickungen der argentinischen Politik und Wirtschaft in die Machenschaften der iranischen Geheimdienste und Mullahs aufzudecken und zu unterbinden. Zwar gelang  es eine neue Vereinbarung mit iranischen Regierungsvertretern auszuhandeln, welche eine Zusammenarbeit bei der Aufklärung der betreffenden Themen vorsah. Taten folgten bisher nicht – vielmehr erlitt Kirchner plötzlich (nach den erzwungenen Vereinbarungen mit dem Iran), genau wie Jahre zu vor ihr Ehemann einen Schlaganfall, welcher sie dramatisch beeinträchtigt. Wie das gestrige Wahlresultat jetzt zeigt, hat die Präsidentin auch das argentinische Volk mit ihren politischen Maßnahmen nicht überzeugen können. Vor zwei Jahren hatte noch eine bedeutende Wählergruppe ohne große Begeisterung für Cristina Kirchner gestimmt, weil sie in der Vergangenheit doch materiell von der Politik des Ehepaares Kirchner profitiert hatte und weil die Opposition für viele auch keine überzeugende Alternative bereithielt. Inzwischen hat sich die Einsicht, dass der links-sozialistische Traum der Kirchner-Ära zu Ende ist, offensichtlich bei einer Mehrheit der Argentinier durchgesetzt.

Neben den dramatischen wirtschaftlichen Schwierigkeiten dürften die restlichen zwei Jahre deshalb sowohl in Kirchners Bündnis wie bei der Opposition vom Kampf um ihre Nachfolge geprägt sein. Mit dem Resultat vom Sonntag wird die Präsidentin diesen wohl nur noch beschränkt beeinflussen können.  Auch Argentinien muss den Preis der politischen Misswirtschaft und utopischer Gleichheitsideologie bezahlen. Wir hoffen hier erste Anzeichen eines politischen Umdenkens zu sehen, welches sich über alle Staaten Süd-Amerikas ausbreiten wird.

Frá Sumedha Gupta

Ritter des Tempels

28.10.2013 | 10997 Aufrufe