Als man in Europa mit Schrecken erkannte, dass die vermeintlichen Segnungen der französischen Revolution nicht das brachten, was sich breite Bevölkerungsmassen davon versprochen hatten – ein Mehr an Freiheit, ein Mehr an Gleichheit und ein Mehr an Brüderlichkeit – versuchten einzelne Gruppierungen die Bahnen der Gesellschaften neu zu ordnen und verfingen sich in politischen Agitationen, welche zwar geeignet waren die Gesellschaften in Aufruhr zu versetzen, ohne aber jemals einen wirklichen gesellschaftlichen Fortschritt, eine Entwicklung in Richtung zu etwas Besserem, was den Gesellschaften dienlich sein könnte, zu erzielen. Man hatte die gescheiterten Adelsherrschaften gegen zum Scheitern verurteilte Proletendiktaturen, verschiedenster politischer Färbung eingetauscht, in welchen man bestenfalls noch versteckte Ansätze von Vorstellungen demokratischer Gesellschaften, findet . Seit dem Beginn des Industriezeitalters setzten diese politischen Kräfte die evolutionsbedingten Schwächen menschlicher Natur ein, ihre Herrschaftsansprüche durch Versprechen und Segnungen zu untermauern, welche den Menschen wirtschaftliches Wachstum und materiellen Wohlstand verheißen. Im materiellen Bereich lassen sich sicher gesellschaftliche Unterschiede leichter einebnen, als im immateriellen und so setzt die Politik, aber auch die Gesellschaft als Ganzes, alles daran, wenigstens den Schein massenhaften materiellen Durchsatzes aufrechtzuerhalten. Aber unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts ist die Welt an einem Punkt angelangt, an dem solches agieren nicht länger möglich ist. Die Grundlagen solcher Gesellschafts-, Wirtschafts- und Lebensmodelle sind dahin – verbraucht, verprasst, zerstört, vernichtet. Das Verschanzen hinter hohen Güterbergen, die den Wohlstand zu versprechen schienen, ist nicht mehr möglich. Inzwischen hat sich auch bei den dümmsten Politikern die Einsicht durchgesetzt, dass das Zuschütten aller Probleme mit massenhaft gedrucktem Geld, irgendwann seine Grenzen erreicht hat, und bestenfalls im völligen Zusammenbruch aller Wirtschaftssysteme enden kann.
Inzwischen gilt die Devise, welche die Politik mit großen Teilen der Gesellschaft durchfechten will, alle Hebel in Bewegung zu setzen, zumindest einem größeren Teil der Bevölkerung die gewohnten Zustände noch für einige Zeit aufrechtzuerhalten. Da man aber Wohlstand nicht nur durch leere Versprechen aufrecht zu erhalten vermag, kam man schnell auf längst vergessen geglaubte Parolen der frühen sozialen Bewegungen: Umverteilung! Die Reichen sind doch so reich – also nehmen wir diesen und verteilen „gerechter“. Dann wird man schon irgendwie weitermachen können wie bisher. In einer derart ausgebildeten Neidgesellschaft, wie man sie in den westlichen Industrienationen antrifft, hört man das sicher gern. Parteien, die ihren Wählern in Aussicht stellen, den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Gewerkschaften und Bürgerbewegungen behaupten ihre Existenzberechtigung inzwischen allein in diesen Parolen.
Doch die Enttäuschung ist unvermeidbar und wird die Gesellschaften noch viel tiefer in die Depression reißen, als allen lieb sein kann. Sicher ging die Wohlstandsmehrung in gewissen Kreisen in den letzten Jahrzehnten teilweise recht absonderliche Wege. Politik und Medien nährten die Phantasie der Massen und beflügelten Vorstellungen, die bewusst forciert wurden, weil sie geeignet erschienen, Neid und Missgunst dramatisch zu steigern, um von gesellschaftlichen Problemen abzulenken, in welche die Politik die Gesellschaften sehenden Auges geführt hat.
Die Frage die hier aber niemals gestellt wird ist: Wie groß ist diese Schar der Reichen überhaupt und welche Besitztümer konnten sie anhäufen, welche man nun „umverteilen“ möchte?
Frá Angela de Montalbán
Komtur des Tempels
- Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -