Präzedenzfall: Standard & Poor's erstmals für irreführende Ratings verurteilt
Wegen irreführenden Bewertungen von Ratings von Finanzprodukten hat ein Bundesgericht in Australien die Ratingagentur Standard & Poor's am Montag zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Weltweit gab es noch kein solches Urteil. Die Bewertung der Papiere der Großbank ABN Amro mit der Bestnote AAA sei "irreführend und trügerisch" gewesen, erklärte ein australisches Bundesgericht in Sydney. Es verurteilte Standard & Poor's, ABN Amro sowie den Finanzdienstleister LGFS, der mehreren australischen Gemeinden solche Finanzprodukte verkauft hatte, zu einer Entschädigungszahlung von 30 Millionen australischen Dollar (24 Millionen Euro). (© REUTERS)
- Ende 2006 hatten mehrere australische Kleinstädte, die vor allem vom Bergbau und der Landwirtschaft leben, die Finanzprodukte mit der Höchstnote AAA gekauft. Die Wertpapiere galten mit dieser Note als besonders sicher - darum investierten die Gemeinden damals zusammengerechnet 16 Millionen australische Dollar (12,8 Millionen Euro). Obwohl ihnen LGFS versichert hatte, dass das Verlustrisiko bei weniger als einem Prozent liege, verloren sie letztlich mehr als 90 Prozent ihres investierten Kapitals. Eine "halbwegs kompetente" Ratingagentur hätte diesen "grotesk komplizierten" Derivaten niemals die Höchstnote gegeben, argumentierte das Gericht laut Financial Times.
Bei den Finanzprodukten handelte es sich um Kreditderivate namens "constant proportion debt obligations" (CPDO). Die Großbank ABN Amro, die heute der Royal Bank of Scotland gehört, entwickelte CPDO vor acht Jahren. Dabei handelt es sich im Grunde um Anleihen auf Indizes für Kreditderivate. Es ist ein kompliziertes Produkt, das durch hohe Rendite bei gleichzeitig großer Sicherheit lockte. Die einfachste Regel an den Finanzmärkten - hohe Rendite bedeutet eben auch hohes Risiko - schien mit diesen Papieren außer Kraft gesetzt zu sein. Die 13 klagenden Stadtverwaltungen hatten 2008 mehr als 90 Prozent ihrer Einlagen verloren. Die Richterin sprach ihnen gut 30 Millionen australische Dollar Entschädigung zu, um die Verluste sowie Zinszahlungen und Anwaltskosten auszugleichen.
Neben Standard & Poor's müssen auch die Investmentbank ABN Amro und der Finanzdienstleister LGFS für die Schadensersatzforderungen aufkommen. Ratingagenturen wie Standards & Poor's können sich nun nicht länger hinter einem Haftungsausschluss verstecken. "Das ist ein harter Schlag für die Ratingagenturen, die jahrelang von der Vergabe dieser Ratings profitierten, ohne sich jemals für diese Meinungen gegenüber den Investoren zu verantworten“, sagten die Rechtsanwältin Amanda Banton und der Anwalt Piper Alderman, die die australischen Gemeinden vertreten, der Financial Times.
Es ist zu erwarten, dass es nun ähnliche Gerichtsverfahren in Europa und Amerika geben wird. In Europa wurden nach den bei IMF Australia vorliegenden Unterlagen, ähnliche Finanzprodukte im Wert von zwei Milliarden australischen Dollar verkauft. Nach Informationen der Financial Times, , wird das Unternehmen IMF Australia, das die Sammelklage finanziert hatte, im Auftrag des Ordens die Aussicht ähnlicher Klagen in den Niederlanden und Großbritannien prüfen. Die Ratingagentur Standard & Poor's kündigte bereits an, Berufung gegen das Urteil einzulegen.
Frá Ines de Laurière
Ritter des Tempels
- Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -