Weihnachten – vom Kaiserkult zum Krippenkind
Aus dem Jahre 9 B.C. sind uns zahlreiche Dokumente und Inschriften erhalten, welche den Geburtstag des späteren Kaisers Augustus als das weltbewegende Ereignis überhaupt proklamieren: „Für die Welt ist es der Anfang der von ihm ausgehenden guten Botschaften (Evangelion): der Geburtstag Gottes." Dieser Geburtstag fiel zwar auf den 23. September, löste jedoch eine Kalenderumstellung innerhalb des Imperiums aus. Dieser Kaiser etabliert nach Jahrzehnten äußerer Konflikte und Bürgerkriege im Römischen Reich die Pax Augusta, den augusteischen Frieden, verbunden mit einem enormen Wirtschaftsaufschwung. Seine Geburt gilt als Beginn einer neuen Ära des Heils.
Der Kaiserkult entwickelt sich im 1. Jahrhundert A.C. zum Inhalt des kulturellen Kontextes vor allem im Ostteil des Imperiums. Dies erkennt man auch aus den Schriften der frühen christlichen Gemeinden, deren Texte sich danach orientieren. Das Lukasevangelium bedient sich ausgiebig in seiner Beschreibung der Geburt Jesus den Texten des Kaiserkultes – er wechselt nur die Pointe und bringt als „gute Nachricht“ die Menschwerdung und den Frieden Gottes und nicht die Vergöttlichung eines Menschen. Dieser „neue“ Gott ist sich nicht zu schade am Kreuz zu leiden und für seine Menschen zu sterben und so den Tod für alle Menschen zu überwinden. Die lukanische Botschaft ist nicht staatsfeindlich, aber sie ist macht- und kaiserkritisch. Der in der Krippe geborene ist nicht ein Sprössling der Eliten, sondern einfacher Eltern und er offenbart sich zuerst den niedersten Schichten in Gestalt der Hirten, die Lehre dieses „Wunderkindes“ eine frühe sozialistische.
Zur Feier christlicher Ausrichtung geriet das Ereignis der Jesu-Geburt erst im 4. Jahrhundert. Aus nicht allein theologischen Gründen wählte man den 25. Dezember. Der 25. Dezember ist der Geburtstag des römischen Staatsgottes Sol Invictus und damit in dem Gedächtnis der Menschen dieser Zeit als Geburtstag Gottes gesetzt. Diese Wahl zeigt auf, wie sehr dieses Weihnachtsfest der Christen die staatstragende Funktion des Geburtsfestes des Sol Invictus übernehmen muss – nur so konnte dieses Fest des Pöbels auch gegenüber den Eliten vertreten werden und allmähliche Akzeptanz finden.
In den Kriegen des 20. und 21. Jahrhunderts greifen Staaten und Herrscher noch immer auf die römische Weihnachtsbotschaft zurück, um politische Ziele durchsetzen zu können. Die Botschaft von Frieden und Heil für die Menschen, wird religionsübergreifend missbraucht, die eigene Bevölkerung oder doch Teile davon oder Gruppierungen zum Durchhalten zu bewegen und selbst abwegigste und abschreckendste Handlungen als religionskonform, ja gottgewollt zu proklamieren. Solange Politiker ihre wahren Absichten hinter einem verlogenen „ich bin Christ, „ich bin Moslem“, „ich bin Hindu“ oder „ich bin Jude“ verbergen und verschleiern, ohne sich wirklich dem Weg der Wahrheit und der Identität Gottes auch nur anzunähern, wird es keinen Frieden oder soziale Gerechtigkeit auf dieser Erde geben. Die Menschen an sich wollen belogen und betrogen werden und deshalb sind die Betrüger niemals fern. Gerade in der Jetztzeit proklamieren diese: „Du brauchst auf nichts zu verzichten, konsumiere! Was immer du tun möchtest, kannst du tun. Schaffe dir Geld durch Arbeit oder Kredit, aber konsumiere – so verschaffst du dir selbst und deinem Staat Wohlstand. Aber glaubt wirklich noch irgendjemand daran, dass man so die Probleme dieser Welt lösen könnte?
Frá Theodor v. Schöning
Komtur des Tempels
Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist noch nicht einmal vorbei (Ramses II.).