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Die Furcht, ja Todesangst vor dem Tod prägt seit Jahrhunderten das Leben der Menschen in den meisten Kulturkreisen. Hervorgerufen durch die Ungewissheit, verbunden mit unterbewussten bis gezielt verfolgten Vorstellungen aus den diversen Religionsbildern, hier insbesondere der diversen abrahamitischen Bewegungen, erzeugten die Gesellschaften vor allem eine bewusste Verdrängung von allem, was auch nur auf den Tod hinweist. Umso heftiger schockiert sind dann Betroffene, die einen Angehörigen oder Nahestehenden verlieren und bedürfen gerade in der heutigen modernen Zeit umso häufiger Beistand durch Personen, denen der Umgang mit dem Tod zum Beruf geworden ist. Das war aber längst nicht immer so – vergessen wir einmal die Zeit der Barbarei und diverse, immer wieder aufkommende Rückfälle, in den sogenannten kultivierten Gesellschaften, in denen der zivilisierte Mensch selbst zum Handlanger des Todes wird – und richten unseren Blick auf die Kultur, die völlig abweichend vom üblichen, den Tod als Teil des Lebens, ja als dazugehörig erkannte und dies auch lebte. Hierbei sollte man sich aber frei machen von den weit verbreiteten Irrlehren esoterischer oder anderer häretischer Bewegungen. Die Ägypter lebten mit dem Tod – sicher aber nicht für den Tod. Jedem war völlig bewusst, dass ihn irgendwann einmal der Tod ereilen wird und jeder war auf seine eigene Weise darauf vorbereitet. Hier waren die religiösen Vorstellungen ein Mantel des Schutzes und der Hoffnungen, welche jedem einen Umgang mit dem Sterben vermittelte, der eine auch nur aufkommende Möglichkeit einer Angst vor dem Tode völlig ausschloss. Hierbei muss aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass den Ägyptern die blinde Hoffnung des Abrahamiten auf eine Erlösung genauso fremd war, wie die, den kosmischen Gesetzen widersprechenden, Wiedergeburts- und Reinkarnationslehren asiatischer Religionsvorstellungen. Wovon sollte man auch erlöst werden, von welchem Leiden befreit? Wer solche Möglichkeiten propagiert, ist selbst ein Sklave seiner Ideologie und macht seine Mitläufer zu ebensolchen. Welch hoffnungsfrohes Leben steht einem bevor, in der ständig präsenten Frage nach dem: Werde ich erlöst? Werde ich von meinem Leiden befreit? Erlösung bedeutet für den Menschen von diesen ganzen Erlösern erlöst zu werden.
Die Vorstellung eines Unsterblichkeits- und Jenseitsglauben ist in Ägypten sowohl mit der Hoffnung auf ein Weiterleben in der Generationsfolge der Kinder und Kindeskinder als auch im Gedächtnis der Nachwelt verbunden. Hier liegen auch Welten zwischen der Unterwelt anderer Kulturen, der biblischen Scheol, dem griechischen Hades und der Vorstellungwelt des Duat der Ägypter. Diese Unterwelt der Ägypter ist kein Totenreich im eigentlichen Sinne, weil man darin einfach nicht tot ist. Denn wer dieses erreicht ist dem Tode tatsächlich entronnen – die Vorstellungen der anderen aber zeigen Orte, denen niemand entrinnen kann.
Augenscheinlich lebten die Ägypter in einer Welt, die uns mehr vom Sterben als vom Leben zu übermitteln scheint. Aber das ist weit gefehlt. Überliefern uns doch diverse literarische Texte ein Bild vom Leben des Volkes, welches mit einer vermuteten Todespräferenz wenig zu tun hat.
Feiere den schönen Tag / Niemand nimmt mit sich, woran er gehangen, niemand kehrt wieder, der einmal gegangen.
Du aber erfreue dein Herz, um dein Herz Kummer vergessen zu lassen! Gut ist es für dich, deinem Herzen zu folgen, solange du bist.
Der Priester Nebneteru überliefert uns:
Ich machte festlich meine Tage mit Wein und Myrrhe, ich merzte die Müdigkeit aus meinem Herzen aus. Denn ich wusste, dass Finsternis im Tal der Toten herrscht. Nicht ist daher töricht, wer seinem Herzen folgt.
Blindes Zukunftsvertrauen ist illusorisch. Dieser Illusion verfiel bereits Jesus, während ihm die Zeit bereits die unumkehrbare Realität entgegenhielt. Angesichts der möglichen radikalen Zukunftslosigkeit des Lebens ist es allein der Augenblick, den es zu nutzen gilt. Man nutzt ihn indem man mit möglichster Intensität, d.h. mit allen Sinnen lebt und dabei ist. Nur wem aufgeht, dass sein Leben begrenzt und seine Erdenzeit kostbar ist, der vergisst die Alltagssorge um eine illusionäre Zukunft und ist offen für die Gegenwart. Wem diese Einsicht wirklich aufgegangen ist, der öffnet sich dem“ Schönen Tag“.
Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist noch nicht einmal vorbei (Ramses II.).
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Frá Theodor« (04.01.2011, 13:43)