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Frá Arkesh

Udaipur,Indien

Ein Fest im Blickfeld der Ewigkeit

Wie in jedem Jahr, seit dem Ende des Römischen Reiches und dem Beginn des Aufstieges des Bischofs von Rom zum Oberhaupt aller Christen, feiert man derzeit das christliche Osterfest. Historisch betrachtet fällt dieses in die Zeit des jüdischen Pessach und des altägyptischen Monats Chenti-chet, in dem das Fest des Beginns der Erntezeit und der „Opfer der Ersten Früchte“ begangen wurde. In der Jetztzeit sind diese historischen Bezüge nahezu vergessen und selbst im „christlichen Abendland“ sind die Gebräuche der Ur-Kirche nur noch selten geläufig. Die Interessen der Menschen haben sich gewandelt und die Gier der frühen Kulturen nach Leben (und ewigem Leben und Ewigkeit) ist einer dekadenten Gier nach „Lust“ und Lustbefriedigung gewichen. Als Selbstverständlichkeit nimmt man es inzwischen hin, dass die Lebenszeit des Einzelnen immer mehr verlängert wird. Wissenschaftliche, medizinische Fortschritte in Verbindung mit Lebenserleichterungen durch technischen Fortschritt, erlauben es, dass unsere Lebenserwartung Jahr für Jahr steigt. Frühe Generationen im Alten Ägypten lebten fünfunddreißig, vierzig Jahre, während ihre Nachbarn in „Asien“ kaum 24 – 26 Jahre erreichten; heute leben die meisten Menschen in den Industrienationen überwiegend fünfundsiebzig, achtzig, neunzig Jahre. In den abrahamitischen Religionen setzten die Menschen in den vergangenen Jahrhunderten ihre Hoffnung auf das ewige Leben, weil das irdische ihnen in den meisten Fällen nichts zu bieten hatte. Heute ist es umgekehrt: Vielen im Wohlstand Lebenden hat die Ewigkeit nichts mehr zu bieten. das ewige Leben ist gestrichen, oder es spielt einfach keine Rolle mehr. So trösten sie sich mit dem Diesseits. Es wird zur „letzten Gelegenheit“. Aus diesem irdischen Leben ist möglichst schnell möglichst viel heraus zu holen - so lange wie möglich. Darüber hinaus ist nichts anderes zu erwarten. Das macht das Leben hektisch, angestrengt, überfordert es: Ja nichts verpassen, alles jetzt! Tempo, Tempo! Die Uhr tickt. Die Angst, zu kurz zu kommen, lässt wenig Lebensenergie übrig für andere und anderes. Vielen ist der lange Atem der Ewigkeit ausgegangen, sie sind kurzatmig geworden. Es hat Folgen, wenn man die Ewigkeit von vorn herein streicht.

Das Credo der Christen sprach da eine andere Sprache. Es mündet in den Satz: Ich glaube an das ewige Leben. In ähnlicher Form sind die Auslegungen der übrigen Abrahamiten zu sehen. Hier wird der Tod nicht verleugnet oder verdrängt - im Abgrund des Todes erhofft man den Durchbruch zum Leben - nicht als Erfolg des Fortschritts, sondern als Gottes Tat. Zu Ostern feiert man ein Fest, welches zur Sinnstiftung in diesem Zusammenhang zu betrachten ist. Man erklärt Jesu Grab als für alle Zeiten offen stehend. Man verklärt in Jesus einen Menschen, der nach christlicher Lehrmeinung das Leben in all seinen Höhen und Tiefen durchlebte und durchlitt, es hingab für die Menschen, der von Gott mit einem neuem Leben beschenkt wird, das den Tod hinter sich hat. Ewiges Leben, versuchen die Christen hier zu erkennen. Doch wie sieht die Realität aus?? 

„Doch alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit“ (F. Nietzsche, Also sprach Zarathustra).

Das Verlangen nach Lust ist zum alleinigen Antrieb der Menschheit geworden. Es sitzt in den Menschen drin. Er lässt sie sich von keinem Puritaner und Asketen ausreden: Die Lust am Essen und Trinken, am Gesang und an der Schönheit, an der Liebe und überhaupt am Leben: ein Sonnenaufgang - die Lerche am Himmel - ein Händedruck, eine Umarmung ... Momente, in denen wir ahnen: Das ist es, das ist das Wahre, das ist das Leben. Es ist gut, solche Signale wahrzunehmen, als eine Art sinnlicher Prophetie. Sie bringen uns auf den Geschmack, weiten die Sehnsucht. Man kann sie nicht festhalten. Es ist wie bei einem Blitzlicht: Etwas leuchtet auf, wird sichtbar, und schon ist es wieder weg.

Gerade die hochgelobten Segnungen des Fortschritts sind heute überwiegend darauf ausgelegt, dem Augenblick der Lust Dauer zu verleihen, ihn in die Länge zu ziehen, immer neue Reize zu erfinden, sie zu steigern und verbissen auszukosten, zu konsumieren. Doch statt „tiefer Ewigkeit“ stellen sich Langeweile ein und Überdruss. Enttäuschung macht sich breit, weil klar wird, dass die erlebte Lust zwar Ewigkeit will, aber nicht selbst schon ist, sie auch nicht herstellen kann.

Immer mehr Menschen spüren: Das ist noch nicht alles, da fehlt noch etwas.

„Das kann doch nicht alles gewesen sein, das bisschen Facebook, Fußball und Führerschein. Da muss es doch noch was geben,

das Leben,

das Leben und eine bewusste Gestaltung der eigenen Existenz.

 

In allem was im Angebot steht ist etwas zu wenig. Nicht nur von außen, weil die Kraft fehlt, der Glückserfahrung Dauer zu geben, sondern auch von innen. Da ist noch nicht „tiefe, tiefe Ewigkeit“. Es fehlt, „was kein Auge sehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet, die ihn „lieben“. Da geht es dann nicht mehr nur um die eigene Glückseligkeit, es geht um die Welt.

Ewiges Leben heißt ja nicht, dass es endlos so weiter geht, meint nicht eine Verjenseitigung dessen, was ist. So stellen sich das die vor, die hier schon alles zu haben scheinen, aber nie genug bekommen; die das, was sie haben, für immer haben wollen. Anderes fällt ihnen nicht mehr ein als ihre private Seligkeit. Ewiges Leben heißt Durchbruch in eine neue Dimension jenseits der Zeit: Glück, das nicht mit dem Unglück anderer bezahlt wird; Lust, die nicht Privatvergnügen oder Gruppenprivileg bleibt, sondern alle erfasst; Jubel darüber, dass Ma´at zu ihrem Recht kommt und Frieden im Universum zu finden. 

Es gibt Momente in unserem Leben, die können nur so wahr sein, weil sie ein Präludium sind für das ewige Leben. Das ist intoniert, mitten in unserem Leben. Lasst uns Ostern feiern – als Fest der Ernte und des Lebens. Den wahren Tod jedoch erfahren nur die, welche ein ungerechtes Leben führen – für alle anderen ist der leibliche Tod nichts, als eine Veränderung der Lebensumstände.

Als Diener in Rasetau lasst uns bedenken:

Ich gelange zur Insel der Horizontbewohner,

ich trete hervor aus dem Heiligen Tor.

Jenes Heilige Tor aber, das sind die beiden Torflügel,

durch die mein Vater Atum schreitet,

wenn er sich zum Schöpfer einer neuen Ewigkeit erhebt.

 

 


Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal bearbeitet, zuletzt von »Frá Arkesh« (02.04.2015, 21:04)
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Ich möchte heute, zu Ostern diesen schönen Text von Frá Arkesh in Erinnerung rufen. Ein angenehmes Osterfest wünsche ich euch!

#3

Frá Arkesh

Udaipur,Indien

Durch Ostern erwacht das Leben.
Ein Reichtum aus der Allmacht Hand.
Mit dem Regen kommt der Segen.
Frohe Kunde zieht durchs Land:
"Es wird ewigen Frieden geben."
Bleiben wir gespannt.

Die Glocken läuten das Ostern ein
In allen Enden und Landen,
Und fromme Herzen jubeln darein:
Der Lenz ist wieder entstanden!

Es atmet der Wald, die Erde treibt
Und kleidet sich lachend im Moose,
Und aus den schönen Augen reibt 
Der Schlaf sich erwachend die Rose.

Das schaffende Licht, es stammt und kreist
Und sprengt die fesselnde Last;
Und über den Wassern schwebt der Geist
Unendlicher Lebenskraft.

 

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