Kommen wir auf das eigentliche Thema zurück. Häufig hören wir die Worte. „Wenn es einen Gott gibt, und er ist barmherzig und liebend, warum leiden dann so viele auf dieser Erde? Warum nimmt er uns nicht in den Himmel? Warum sind all diese Menschen zum Leiden schaffen?
Selbst der große abrahamitische Prophet Moses fragt im Alten Testament verzweifelt: “Herr, warum tust du so übel an diesem Volk? (2. Mose 5, 22) und das gezeichnete Opfer eines Gottesexperimentes Namens Hiob kapituliert am Ende seiner Prüfung vor seinem eigenen Gott. Er erkennt, dass dies nicht seine Frömmigkeit sein kann, von der er gesagt hatte, dass er von ihr nicht weichen wolle. Er erkennt, dass da nicht mehr ist als bloße Einschüchterung durch die blinden Naturmächte in denen dieser Gott waltet – offensichtlich ebenfalls blind, da dieser jede Person ohne Ansehen gleich behandelt. Hiobs Frömmigkeit hält sich über einem Abgrund. Es ist eine Frömmigkeit, die sich ebenso auf einen Gott bezieht, wie sie sich vor ihm schützt. Hiob versucht mit seiner Frömmigkeit den Widerspruch in Gott selbst zu schlichten. Er nimmt seinen Gott vor sich selbst in Schutz. Er versucht vergeblich ihn davor zu bewahren zum Naturdämon herabzusinken. Die Übel des Gottes der Abrahamiten treffen Gerechte und Ungerechte, Fromme und Nichtfromme gleichermaßen. Aber gerade darin zeigt er seine Macht und seine wirkliche Größe – würde Gott alle Gebete, die Menschen an ihn richten, erfüllen, wären alle Menschen schon lange zugrunde gegangen. Der Mensch sollte erkennen, dass Gott unbeeinflussbar ist und niemals in das Geschehen der Evolution eingreift.
Wie aber ist das Leid-Verständnis nach dem Koran zu verstehen? Nach islamischer Lehre ist die Welt für den Menschen der Ort seiner Bewährung. Sämtliche Koranstellen weisen daraufhin wie etwa in:
“Meinen die Menschen, sie würden in Ruhe gelassen werden; nur weil sie sagen: Wir glauben, und sie würden nicht auf die Probe gestellt werden? Wir stellten doch auch die auf die Probe, die vor ihnen waren” (29:2-3).”
“Der den Tod geschaffen hat und das Leben, dass Er euch prüfe, wer von euch der Beste ist im Handeln” (67:2).
“Jedes Lebewesen soll den Tod kosten, und Wir stellen euch auf die Probe mit Bösem und Gutem, als eine Prüfung...” (21:35).
Andere Verse wie z. B. Sure 7:168 vermitteln nachdrücklich, dass die Prüfung (mit Bösem und Gutem) auch eine bestimmte Funktion haben soll. Vor allem dienen sie der erzieherischen Zwecken: “Und Wir schlugen sie mit Gutem und mit Bösem, auf das sie vielleicht umkehrten”.
Mit dem Koranvers “auf das sie vielleicht umkehrten” sollen die Menschen wieder an das Wesentliche denken, an den Sinn des Lebens schlechthin. “Und Ich (Gott) habe die Jinn und die Menschen nur (dazu) erschaffen, damit sie Mir dienen” (51:56).
In der Heiligen Schrift wird auch beteuert, dass es unzählige Beweise für die Existenz Gottes vorzufinden sei:
“Und an wie vielen Zeichen in den Himmeln und auf Erden gehen sie achtlos vorüber?” (12:105).
Aus der Philosophie kennen wir die Theorie: “Die Existenz vieler natürlicher Übel der beschriebenen Art ist logisch notwendig für die Existenz einer Welt des schon charakterisierten Typs. Denn diese Übel sind notwendig, wenn handelnde Wesen wissen sollen, wie sie Übel herbeiführen oder auch verhindern können; dass aber müssen sie wissen, wenn es wirklich von ihrer Entscheidung abhängen soll, ob sie Übel herbeiführen oder aber Gutes tun wollen. Wie sollen handelnde Wesen ihr Wissen erwerben, woher insbesondere sollen sie wissen, welche ihre Handlungen für sie selbst oder für andere wohltuend und welche verderblich sein werden?”
“Gott habe Grund, natürliche Übel zuzulassen, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, selbst herauszufinden, wie sie Übel verursachen aber auch vermeiden können, nur jene Übel erklärt, die durch vorhergehende Ursachen physisch notwendig oder wahrscheinlich bewirkt werden.. ..In einer geordneten Welt gibt es aber solche zufälligen Übel nicht. Sämtliche Übel werden durch Vorgänge bewirkt, aus denen sich erschließen lässt, auf welche Weise solche Übel herbeigeführt oder vermieden werden können” (Die Existenz Gottes, S. 275-308, Richard Swinburne, Reclam Verlag).
Der Koran weist direkt darauf hin, dass der Mensch selbst derjenige ist, der sich und seiner Umwelt Übel und Leid zufügt:
“Siehe, Gott fügt den Menschen kein Unrecht zu, vielmehr fügen die Menschen sich selber Unrecht zu” (10:44).
“Wer das Rechte tut, der tut es zu seinem Vorteil. Und wer Böses tut, tut es zu seinem Schaden. Dein Herr tut Seinem Dienern kein Unrecht” (41:46).
Es bleibt dem gläubigen Menschen im Islam nur eines, nämlich “wahrhaft gerecht zu sein, in Armut und Krankheit und Kriegszeit Stand zu halten. Denn sie sind es, die sich redlich bewährt haben und gottesfürchtig sind (vgl. 2:178).“ Im Islam ist die Leidenstheologie damit eingeordnet in den Beziehungsrahmen von Sünde, Warnung, Verletzung der Rechte Gottes, Reue, Busse und Umkehr. Man kann jedoch nach gängiger sunnitischer Auslegung aus verschiedenen Stellen des Koran herausfinden, welche Sicht von, und Haltung gegenüber, Krankheit, Leiden und Tod er dem Gläubigen vermitteln will.
Das Wissen um den Willen Gottes im Islam ist uns aber nicht immer zugänglich. Aufgrund dessen müssen wir uns völlig unabhängig davon mit den sekundären Ursachen und ihren Folgen beschäf-tigen. Das Leiden hat nach den Worten des Koran verschiedene Arten und Ursachen. Es gibt Leiden, die als Folge des Bösen in der Welt gelten. Das Böse rührt unter anderem von der Wirkung des Teufels her. Der Koran bezeichnet deshalb den Teufel als den Feind der Menschen und der Gläubigen. Angesichts dieser Feindschaft und ständigen Verführungsgefahr ist der gläubige Muslim gehalten oft an die Mahnung des Korans zu denken. Der fromme Muslim spricht immer wieder: "Ich suche bei Gott Zuflucht vor dem gesteinigten Satan" (vgl. 16,98).
Aber das Böse und seine Auswirkungen in Gestalt von allerlei Leiden im Leben des einzelnen und im Zusammenleben der Menschen kommen nicht nur vom Teufel. Der Mensch selbst ist Ursprung und Ursache vieler böser Taten und bringt über sich selbst und über seine Mitmenschen Unheil.
Gott hat zwar den Menschen als eine grundsätzlich gute Schöpfung erschaffen, aber im Menschen wirken sich schlechte Eigenschaften aus, die als Ursache vieler Leiden gelten. Nach dem Koran sind die Menschen unbeständig, sie sind zwischen Freude, wenn es ihnen gut geht, und Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in schlechten Zeiten hin und her gerissen (vgl. 30,36; 41,49). Die Unbeständigkeit geht mit der Unzuverlässigkeit einher, denn in der Not wenden sich die Menschen zu Gott, sie
wenden sich aber von Gott ab, wenn die Notsituation überwunden wurde. (vgl. 16,53-54; 39,8.49; 29,65). Die Menschen sind unwissend und neigen zur Ungerechtigkeit (33,72), sie sind "ausgesprochen streitsüchtig und rechthaberisch" (36,77; 16,4).
Zur Erklärung des Leidens in der Welt hat aber der Islam eine weitere, tiefergreifende Lösung.
Über allem steht Gott, der Schöpfer des Alls, dem allein jede Ursächlichkeit in der Welt zusteht. Der absolute Wille Gottes ist unbedingt und uneingeschränkt. Er bestimmt im Leben der Menschen nicht nur das Gute und das Glück, sondern auch das Leiden, das Unglück, die Katastrophen und all das, was man allgemein Schicksalsschläge nennt: "Uns wird nicht treffen, was nicht Gott uns vorherbestimmt hat" (9,51; vgl. 15,60; 25,2; 27,57; 57,22).
Krankheit, Leiden und der Tod werden von Gott dem Menschen bestimmt. Auch der Tod, dieses unentrinnbare Schicksal eines jeden Menschen, ist eine Bestimmung des Willen Gottes: „Ein jeder wird (einmal) den Tod erleiden und keinem Menschen vor dir haben wir Ewigkeit verliehen ... " (21,34-35; vgl. 3,185). Die Islamische Theologie ist bemüht, zugleich an der Allmacht Gottes und an der menschlichen Freiheit und Verantwortung festzuhalten. Der Glaube im Islam ist jedoch nicht fatalistisch; er glaubt nämlich nicht an ein blindes Schicksal, sondern an den Willen des Gottes, eines Gottes der voller Huld und Barmherzigkeit ist, dessen Entscheidungen für den Verstand des Menschen nicht immer einsichtig sind, für die Menschen im allgemeinen und für die Gläubigen im besonderen dennoch heilsträchtig sind. Eine religiöse Haltung der Menschen Gott gegenüber befreit den Menschen nicht davon, selbst aktiv zu werden; sie hilft ihm jedoch dort, wo er ohnmächtig ist, alles als ihm von Gott bestimmt anzunehmen, und dies zwar oft mit Resignation, aber auch mit Vertrauen und gelassener Hingabe.
Soweit die Theorie.
Es gibt jedoch dem Propheten Mohammed nachgesagte Prophezeiungen, welche den Islam in 73 Sekten zerfallen sahen, die alle außer einer „im Feuer“ sein würden. In dieser Endzeit des Kalifates wird es weder einen anderen Imam, einen anderen Leiter als den Kalifen geben, noch eine andere als die göttliche Gemeinde unter dem Kalifen.
Frá Sidonie de Chevreuse
Ritter des Tempels
- Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -
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- admin -« (18.10.2012, 22:21)