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Bruder Pio

Gast

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- admin -

Sydney,Australien

Grundsätzlich haben Menschen die gleichen materiellen Bedürfnisse wie alle Tiere auf diesem Planeten. Aber das Sapienstier hat sich aus dem natürlichen Rahmen heraus entwickelt und in Annahme des vermeintlich vernunftbegabten Handelns selbst in einen Lebenskreislauf gezwängt, der dem sinnentleerten Ziel des Hamsterradlaufens vergleichbar ist.

Der Verdurstende würde alles für einen Schluck Wasser, der Verhungernde alles für einen Bissen Brot geben. Menschen nehmen selbst viel auf sich, um sich zu kleiden oder ein Dach über dem Kopf zu haben, obgleich hier die Bedürfnisse bereits recht deutlich differieren. Was dem einen auskömmlich, befindet ein anderer als ärmlich. Doch die überwältigende Mehrheit will mehr, viel mehr als Wasser und Brot, viel mehr als einen einfachen Rock und etwas Schutz vor den Unbilden der Natur. Sie will mehr als ausreichendes, schmackhaftes Essen, moderne, kleidsame Bekleidung und ausgesprochen komfortable Wohnungen. Aber das alles reicht bei weitem nicht aus. Die Masse der Menschen will verreisen, mit anderen ihre Freizeit verbringen, häufig ausgehen und vergnügen, sich mit Luxus verwöhnen – sie wollen so weit als möglich das Leben genießen und nicht kärglich fristen oder auch nur einfach leben.

Milliarden Menschen sind dazu nicht in der Lage. Sie hungern und dursten, haben keine geeignete Unterkunft und schon gar keinen Zugang zu Bildungs- oder auch medizinischen Einrichtungen. Das besonders die überwiegende Mehrheit dieser Menschen um Wirtschaftswachstum und Mehrung ihres materiellen Wohlstandes ringen, ist in gewissem Maße nachvollziehbar. Diesen gegenüber stehen mehr als 1,2 Milliarden Menschen, die an materiellen Gütern haben, was sie zum Leben brauchen und vieles deutlich darüber hinaus. Diese könnten ihr Leben genießen. Aber kaum einer aus dieser Gruppe ist dazu in der Lage. Sie verfolgen ihre alten Ziele nach Wohlstandsmehrung und verhalten sich nicht anders als die materiell Notleidenden.

Muss man vermuten, die materiellen Bedürfnisse des Sapienstieres sind unersättlich? Tatsächlich scheinen Umfragen und wissenschaftliche Untersuchungen das Gegenteil zu belegen. Eine deutlich größere Gruppe scheint tatsächlich fähig Maß und Ziel zu kennen. Sie erkennen offensichtlich wann ihre materiellen Wünsche im Wesentlichen erfüllt sind und zusätzliche materielle Güter steigern deren Lebenszufriedenheit nicht mehr.

Warum aber wird dann das wirtschaftliche Wachstumsfeuer so vehement angefacht in wohlhabenden Ländern? Politisch wird dies mit der Bekämpfung der Armut und sozialen Ungerechtigkeit kaschiert – das bringt emotionale Wucht. Wer könnte und wollte sich schon den Bedürfnissen von Obdachlosen verschließen, wenn diese gerade jetzt in den frostkalten Nächten eine Zuflucht in Wärmestuben suchen, oder denen von kleinen Kindern, die ungenügend ernährt und gekleidet zur Schule gehen müssen. Was ist mit der großen Anzahl derer, denen man in der Straßenbahn die Armut nicht gleich anzusehen vermag, denen aber die Not in den Augen steht? Sie alle sind bedürftig, muss ihnen nicht geholfen werden? Benötigen diese nicht weiteres wirtschaftliches Wachstum?

Frá Alain Maria de Rochefort

Komtur des Tempels 


 - Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »- admin -« (09.12.2010, 19:30)
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