#1

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Sydney,Australien

arabischer Frühling und industrieller Winter - der Kampf um die Ressourcen

oder ein Raubzug mit Blutzoll?

Noch sind die arabischen Staaten nicht zur Ruhe gekommen, die Weltpolitik nicht in geordnete und überschaubare Bahnen geleitet, doch breitet sich das islamische Kriegsgeschrei weiter aus. Welcher Staat wird der nächste sein, welcher den Salafisten und ihrem konservativen Verständnis von Staat und Gesellschaft zum Opfer fallen wird? Aber wer sind eigentlich diese Salafisten und vor allem woher kommt diese so stark differierende Bewertung solcher Gruppierungen? Gibt es da etwa Unterschiede und woran macht man diese fest und wer gibt die Definitionen vor? Sollte der Westen etwa im arabischen Raum ein Spiel begonnen haben welches genauso unehrlich und dreckig ist wie das der Russen im Zusammenspiel mit Syrien und Assad? Sind die Salafisten in Syrien als Gegner Assads etwa Freunde des Westens, während selbst die Salafisten in Deutschland zu potentiell gefährlichen Gruppierungen gezählt werden? Es ist an der Zeit die Hintergründe und die tatsächlichen Spieler der World's Resources Simulation Games zu benennen und anzuklagen.

Liam de la Chevallerie

Ritter des Tempels


 - Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -

... und auch interessant: warum bekämpft Frankreich die Salafisten in Afrika, während diese in Frankreich quasi Narrenfreiheit haben?

#3

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Sydney,Australien

Verfolgt man die täglichen Presseberichte über den Krieg in Mali so findet man sich dort in einem Gewirr von Ungereimtheiten, Halbwahrheiten und gezielter Unterschlagung von Fakten, mit den Realitäten vor Ort aber scheint die westliche Welt insgesamt im Konflikt zu stehen.

Die Medien wagen sich tatsächlich in der Behauptung, die „Malier“ begrüßten den Eingriff der Franzosen und deren massive Luftschläge gegen die Provinzen im Norden. Doch solche Begeisterung mag man bestenfalls weit im Süden Malis finden. Glaubt tatsächlich jemand die Tuareg im Norden des Landes würden auch  die Luftschläge auf ihre Städte und die Zerstörungskraft der anrollenden französischen Panzerkolonnen willkommen heißen und fröhlich jubelnd begrüßen? Über eine Viertelmillion sind in den Kriegsgebieten auf der Flucht, teils auf den Weg in den Süden Malis, in die größeren Städte wie Bamako, wo sie ein neues Hungerproletariat bilden werden, aber auch weit mehr als Hundertneunzigtausend sind in die benachbarten Staaten Algerien, Niger, Burkina Faso und Mauretanien geflüchtet. Der Westen behauptet diese Menschen fliehen vor den Islamisten – jedem hier vor Ort wird aber schnell klar werden, dass diese Menschen vor dem neuen Krieg fliehen, den die Franzosen ins Land tragen.

Es ist richtig, es gibt verschiedene Gruppierungen von Aufständischen in der gesamten Sahelzone zu der auch die mittleren und Nordprovinzen Mails gehören. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der säkularen Rebellengruppe „Nationale Bewegung für die Befreiung von Azawad“ (MNLA) für ein selbstbestimmtes Azawad wurden von Anbeginn durch systematische Unterwanderung und Aufsplitterung durch islamische Gruppierungen verschiedener Schulen missbraucht, um den Kampf zur Errichtung eines islamischen Gottesstaates mit konservativer Scharia-Ausrichtung zu forcieren. Sicher sind auch Tuareg (singular: Targi) und andere Ethnien Nordmalis wie Fulbe und Kunta islamischen Glaubens, wenn auch in unterschiedlich strenger Ausprägung, wobei z. b. aus kulturellen Gründen viele Tuareg eher einem soften Islam zuneigen und den Frauen eine bedeutende Rolle zugestanden wird. Trotzdem gibt es bei den verschiedenen Rebellengruppen viele Überschneidungen, Gruppen verbünden sich und überwerfen sich wieder. So ist der Führer der Gruppe Ansar Dine (Verteidiger des Islams) ein Targi namens Iyag Ag Ghaly, der schon bei den Tuareg-Aufständen in den 90er Jahren eine wichtige Rolle spielte. Doch gilt in Nordmali wie in anderen arabischen Ländern auch: Militanter Islamismus ist auch und vor allem der Ausdruck eines sozialen Gerechtigkeits- und Armutsproblems.

Gerade was die Empörung gegen die Forderung nach dem islamischen Recht im neuen Staat Azawad betrifft, kann dem Westen nur Heuchelei vorgeworfen werden. Unterstützt man nicht gerade in Syrien massiv jene Islamistengruppen im Kampf gegen Assad, die man in Nordmali bekämpft? Sind nicht bei den „Aufständischen“ in Syrien, die jubelnd im deutschen Fernsehen gezeigt werden, die gleichen schwarzen Salafisten-Fahnen zu sehen wie bei den islamischen Tuareg-Aufständischen in Nordmali? Dort gute Salafisten, weil gegen Assad? Hier schlechte Salafisten, weil gegen westlich ausgerichtete Zentralregierung in Bamako? Fand man es in Deutschland nicht auch völlig unbedenklich als in Libyen nach dem Einsatz der Nato plötzlich Islamisten das Sagen hatten? Obwohl Libyen doch nur ein paar Seemeilen von der zur EU gehörigen Insel Malta entfernt liegt?

Der Staat Mali besteht aus vielen verschiedenen Ethnien. Allerdings zieht sich eine scharfe Trennungslinie zwischen den sesshaft-bäuerlichen Stämmen des Südens und den Nomaden- bzw. Halbnomadenstämmen des Nordens in den Sahara- und den Übergangsgebieten von Sahara- zu den Sahelgebieten. Zwischen diesen sesshaften und den nomadischen Stämmen besteht aus historischen Gründen eine tiefgehende Feindschaft.

Um den Konflikt, der jetzt im Norden Malis ausgebrochen ist, wirklich zu verstehen, muss man etwas in die Geschichte zurückblicken. Als im 19. Jahrhundert Frankreich seine Kolonialgebiete immer weiter in den Süden Afrikas vorschob, leisteten die Tuareg lange und erbitterten Widerstand. Erst 1917 konnte ein Friedensvertrag geschlossen werden. Die Tuareg ziehen seit jeher nomadisierend durch Gebiete der Sahara und des Sahels, verstreut über die Staaten Mali, Algerien, Libyen, Niger und Burkina Faso. Grenzen existieren für sie faktisch nicht und alle Regierungen tolerierten bisher ihre nomadische und grenzüberschreitende Lebensweise. Mit dem Entstehen der nachkolonialen afrikanischen Staaten in den 60er Jahren wurde es für die Tuareg schwierig, da schwarze Bevölkerungsmehrheiten die Regierungen stellten und die Tuareg in Mali und Niger marginalisierten. Dies hatte mehrere Aufstände zur Folge, da sich die Situation der nomadischen Völker durch Dürrekatastrophen verschärfte. Hungersnöte und Massensterben wurden von den Regierungen Malis und Nigers schlichtweg ignoriert, die Aufständischen bekämpft, Weideland in Bauernland umgewandelt, die Tuareg nicht an den Einnahmen durch den Abbau von Uran und anderen Bodenschätzen beteiligt. 1996 kam es zu Friedensverhandlungen, Selbstverwaltung und Katastrophenvorsorge wurden vereinbart, in Mali konnten sich die Tuareg selbst dezentral in Kidal verwalten. Diese Zusage war aber mehr den Umständen geschuldet als der Einsicht der Zentralregierung in Bamako. Denn tatsächlich war der Norden Malis schon lange der Kontrolle Bamakos entglitten.

Wie schon bei Ausbruch des Libyenkrieges 2011 befürchtet, zogen sich viele Tuareg, die in der libyschen Armee gedient und treu zu Muammar Gaddafi gestanden hatten, nach seiner Ermordung unter Mitnahme ihrer Waffen über den Niger in den Norden Malis zurück und destabilisierten das eh schon mehr als brüchige malische Staatswesen weiter. Am 6. April 2012 riefen die Tuareg-Rebellen im Norden Malis ihren eigenen Staat Azawad aus. Doch auch in Azawad wurde und wird zwischen verschiedenen Gruppen um die Macht gekämpft, zwischen Stämmen und verschiedenen mehr oder weniger religiösen Ausrichtungen. Da in den letzten Monaten aus ethnischen Arabergruppierungen bestehende islamistische Kräfte, die aus dem Norden (Algerien, Mauretanien), sowie Niger und Libyen einsickerten, die Übermacht erkämpften, diente dies unter Beifall der anderen westlichen Staaten zur Begründung Frankreichs für einen Krieg gegen Azawad.

Tatsache ist, dass die Tuareg de facto schon lange Jahre unter eigener Verwaltung in Nordmali leben, dass sich die Tuareg auch durch Schmuggel aller Art finanzieren und in Nordmali wohl schon lange eine abgeschwächte Art Scharia herrscht. Neu war nun die Ausrufung eines eigenen Staates. Dies hängt insbesondere auch mit der Frage zusammen, wer an den Bodenschätzen, die sich im Norden Malis befinden und deutlich viel größer sind als bisher offiziell von den Franzosen deklariert, verdienen wird. Gehen die Einnahmen an die Zentralregierung, die eng mit Frankreich verbunden ist, werden die Tuareg wohl wieder leer ausgehen, wie schon die Erfahrungen mit den Uranminen im Niger und andere Beispiele zeigen. Dies war auch der Grund, warum der Führer der Rebellengruppe Ansar Dine Anfang 2012 weitere Verhandlungen mit der Regierung in Bamako absagte.

An der Proklamation des neuen Staates Azawad zerbrach die schwarze malische Zentralregierung. Im März 2012 wurde der Präsident Malis durch einen Militärputsch zur Flucht gezwungen, dem die Putschisten vorwarfen, zu lax gegen die Sezessionsbestrebungen vorgegangen zu sein. Inzwischen wurde die Macht von den Putschisten an den malischen Parlamentspräsidenten Traoré für eine Übergangsperiode übergeben. Mit der Behauptung, die Rebellen, sprich Islamisten setzten sich in Richtung Hauptstadt Bamako in Bewegung, bat dieser nun um ein militärisches Eingreifen Frankreichs. Dass die Kämpfer für die Sezession der nördlichen Gebiete die weit im Süden gelegene Hauptstadt Malis einnehmen wollten, ist völlig absurd und muss als Vorwand für den Beginn des Krieges gegen Azawad gesehen werden. Alle involvierten islamischen Gruppen zusammen waren mit 621 Kämpfern in den Norden einmarschiert, hatten die wenigen Tuareg-Kämpfer schnell vertrieben und die kaum einhundert malischen Soldaten in die Flucht geschlagen.

Mali, ist eines der ärmsten Länder der Welt und gleichzeitig das afrikanische Musterland in Sachen Demokratie, dem Westen immer zu Diensten. Mali erfüllte alle Vorgaben von IWF und Weltbank, „die Hausaufgaben wurden gemacht“, der Staat zog sich nach europäischem Vorbild aus allem zurück, Bahn, Schulwesen, Krankenversorgung wurden privatisiert. Den für diese neoliberale Politik Verantwortlichen vorgeworfen werden, Mali zurück in die Armut, in die Verzweiflung getrieben zu haben. Die Folge der Privatisierung war, dass die Bahn eingestellt wurde, sie hat sich halt nicht gerechnet (obwohl viele Dörfer, die an der Strecke lagen, vom Bahnverkehr lebten), dass ein funktionierendes Schul- und Gesundheitswesen praktisch nicht mehr existent ist. Wie immer unter dem Einfluss der Franzosen hatten die ungeliebten Tuareg des Nordens am meisten unter dem Privatisierungsdiktat zu leiden, es kamen dort überhaupt keine Gelder mehr an.

Hier nun ein paar weitere Fakten zu Mali (Quelle CIA-Lagebericht Mali 2012): Die Arbeitslosigkeit liegt bei etwa 54%. Mehr als 60% der Bevölkerung hat seit der letzten Dürre keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt unter 45 Jahren. Es gibt verbreitete Mangelernährung sowie gravierende Probleme bei der Hygiene. Tuberkulose (resistente Bakterien-Stämme) ist im Norden unter den Fulbe nach Jahrzehnten der Infektionsfreiheit wieder weit verbreitet. 74 Prozent aller Personen unter 15 Jahren sind Analphabeten. Die südlichen Provinzen leiden unter einem extremen Bevölkerungswachstum (Verdoppelung innerhalb von 8 Jahren), aber nur etwa vier Prozent Malis ist Ackerland. die Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen liegt über 80 Prozent. Große Teile der Tuareg-Bevölkerung leben vom Drogenhandel und Schmuggel.

Bei diesen Fakten ist es doch klar, was das Land wirklich braucht: einen Krieg. Doch Mali ist nicht wirklich arm, nur der größte Teil der Menschen ist es! Es gibt in Mali Gold, Erdöl, Erdgas, Phosphat, Uran, Seltene Erden und andere Bodenschätze. Doch diesen Reichtum teilen sich andere. Die meisten Bodenschätze, die in den letzten 5 Jahren durch neutrale (chinesische und amerikanische) Unternehmen festgestellt sind, liegen im Tuareg-Rebellengebiet: Bei Kidal gibt es große Uranlager (welche bereits durch die Areva gesichert wurden), bei Gao und im Tal von Tilemsi immense Phosphatvorkommen (welche durch die französische Düngemittelindustrie bereits bilanziert werden), des Weiteren werden große Erdgas- und Erölvorkommen unter dem Sand der Sahara in den Gebieten der Tuareg vermutet (welche bereits durch Bohrungen der ELF gesichert werden). Frankreich hat also sehr vitale Interessen in Nordmali und beste Beziehungen zur Zentralregierung in Bamako. Man kann schon jetzt davon ausgehen, dass für den  Fall eines nicht zu bezweifelnden Sieges die Bodenschätze  schon unter den Siegern verteilt sind. Der jetzige kriegerische Alleingang Frankreichs will auch Frankreichs Ansprüche in seinen ehemaligen kolonialen Gebieten sichern, stehen doch die islamistischen Führer der Al-Kaida des Maghreb - harte antiwestliche Vertreter einer schiitisch beeinflussten Schule aus Afghanistan – ausgebildet vom CIA und militärisch optimiert durch iranische Kräfte in Pakistan – in direkten Verhandlungen mit chinesischen Unterhändlern – informierte Kreise sprechen hier von einer „Aktivierung“ nützlicher Kräfte durch die Chinesen.

Inzwischen zeigt sich auch die deutsche Politik öffentlich der Meinung, wenn Deutschland seiner internationalen Verantwortung auch künftig gerecht werden will, darf das nicht so verstanden werden, dass künftig nur andere Staaten militärische Aufgaben übernehmen. Nach Afghanistan soll Deutschland jetzt nicht nur am Hindukusch gegen das Böse und in der Türkei gegen Syrien (Patriot-Raketen-Abwehrsystem) verteidigt werden, sondern auch in Mali? Bisher wird den Franzosen nur logistische Unterstützung angeboten. Krieg in Mali? Gegen ein paar hundert islamische Wüstenkrieger? In Mali, einem der ärmsten Länder der Welt, das bisher nur durch Hungerkatastrophen von sich reden machte, muss Krieg geführt werden? Wo liegt denn Mali überhaupt? Auf diese Fragen wird von den Politikern sogleich die strategische Bedeutung von Mali betont: wie nahe es doch an Europa und wie gefährlich die Ausbreitung der Al Kaida im Maghreb für unsere westlichen Länder sei. Tatsächlich? Liegt da nicht noch die ganze Sahara zwischen Mali und Nordafrika? Sind da Libyen und Syrien nicht viel näher, wo man gerade die Islamisten an die Macht brachte oder bringt? Aber was bedeuten schon politische Skrupel oder moralische Bedenken bei Uran und seltenen Erden  im Schätzwert von 3,7 Billionen Euro und 30 Milliarden Barrel Öl und Gas.

Liam de la Chevallerie

 Ritter des Tempels


 - Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »- admin -« (27.01.2013, 18:13)
#4

- admin -

Sydney,Australien

Einfache Antworten auf komplizierte politische Fragen sollten uns stets zum Nachdenken zwingen. Das gilt insbesondere auch für Mali. Tatsächlich ist die derzeitige Krise um einiges vielschichtiger, als es die von den Medien derzeit beliebte Aufteilung in Gut und Böse vermuten lässt. Und ebenso vielschichtig müssen unsere Lösungsansätze sein.

Von einer über Jahrzehnte andauernde Nahrungsmittelknappheit in der gesamten Sahel-Zone über ungelöste territoriale Konflikte die auf der kolonialen Zwangsgrenzziehung durch die Franzosen basieren, bis hin zur Vereinnahmung des Nordens durch überregional vernetzte Kräfte des organisierten, nicht allein islamischen Verbrechens, bietet Mali ein derart komplexes Bild, dass eines klar sein sollte: Eine militärische „Notintervention“, wie es uns die EU und insbesondere die Franzosen derzeit zu verkaufen versuchen – wenn eine solche überhaupt eine adäquate Antwort darstellen könnte – darf nicht die alleinige, erst recht keine dauerhafte Reaktion sein.

Auch die zahlreichen (mittlerweile vom Internationalen Strafgerichtshof untersuchten) Menschenrechtsverletzungen sind durch massiven Luftbeschuss und Infanterie-Spezialeinheiten nicht auszumerzen. Angesichts der lächerlichen Aussage aber, man wolle politische Gespräche erst dann aufnehmen, wenn die demokratischen Verhältnisse wieder hergestellt sind, stellt sich nicht nur die Frage, ob diese jemals  in Mali bestanden haben. Man muss ernsthaft  auch bezweifeln, dass die internationale Gemeinschaft aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat.

Der Kern der malischen Krise gleicht dem der vorangegangenen Militäreinsätze. Zwar war die Notlage seit Langem bekannt. Erneut wartete die internationale Gemeinschaft aber, bis sich genügend Argumente für eine militärische Intervention angehäuft hatten – inklusive der behaupteten Unterstützung durch die malische Bevölkerung. Solange also das völkerrechtliche Prinzip der Schutzverantwortung nur in seiner reaktiven, nicht aber in seiner vorbeugenden Form verstanden wird, wird auch Mali eine militärische Intervention unter vielen bleiben. Und keine noch so pazifistische Gegenargumentation wird angesichts der entstandenen Dringlichkeit vollends zu überzeugen wissen.

Denn so realistisch und auch verständlich die Verweise auf Frankreichs wirtschaftliche Interessen, auf seine neokoloniale Afrikapolitik, auf das Scheitern vergleichbarer Militäraktionen auch sein mögen – sie liefern keine Antwort auf die wichtigste Frage: Was wäre ohne den französischen Einsatz geschehen? Die einzig ehrliche Antwort ist hier: Wir wissen es nicht.

Natürlich ist eine solche Antwort wenig überzeugend. Aber ist eine derart vorgetragene Militäraktion, in einem derart aggressiv vorgetragenen Umfang eine befriedigende Antwort. Sicher ist sie dies nicht und sicher sollte sie dies auch im genaueren Reflektieren der jüngeren Vergangenheit Malis nicht sein. Wer glaubt sich hier eigentlich die Auswahl zwischen Gut und Böse anmaßen zu dürfen, und insbesondere unter welchen Kriterien und Werteannahmen wurde diese Auswahl getroffen. Die derzeitige Regierung Malis ist durch einen Militärputsch genau zu dem Zeitpunkt an die Macht gekommen, zu dem auch die Tuareg ihre Unabhängigkeitserklärung verkündeten. Tatsächlich wäre diese Teilung des Landes nur eine nachträgliche Wiederherstellung von historisch gewachsenen Ländern.

Die Frage, ob Deutschland und - da das Volk in solchen Konflikten wie üblich nicht befragt wird - die Bundesregierung Frankreich in diesem Zusammenhang aktiver unterstützen? Solches sollte diese sicher auf gar keinen Fall tun! Vielleicht mag es in dieser Krise bei der proklamierten Kurzintervention gegen terroristische Organisationen wie Aqmi, Ansar Dine oder Mujao bleiben – diese haben nur wenige hundert Männer zur Verfügung und sind den nun beteiligten militärischen Kräften, trotz modernster Ausrüstung aus Libyen, hoffnungslos unterlegen – jedoch sind gerade die Franzosen derzeit nicht in der Lage ihre Überlegenheit einzusetzen und auszunutzen. Das zerbomben und zerstören von Einrichtungen, Gebäuden und Fahrzeugen, mag zwar medienwirksam zu propagieren sein, ermöglicht jedoch den beteiligten und durchaus geschulten militärischen Kräften der islamischen Bataillone den Rückzug in ihre Herkunftsgebiete in Mauretanien, Niger und Algerien. Unter Berücksichtigung dieser sich derzeit abzeichnenden Entwicklung erwächst in Nordafrika also ein weiterer langwieriger Krieg unter internationaler Beteiligung. Deutschland und auch die EU sollten sich in einen solchen Dauerkonflikt nicht hineinziehen lassen. Auch die beschlossene EU-Trainingsmission für malische Soldaten wird ihr Ziel verfehlen – es gibt in Mali keine gewählte Regierung und neue militärische Kräfte bergen eine weitere Gefahr für innere Unruhen, Putsche und Aufstände, solange der begleitende politische Dialog ausbleibt.

Offensichtlich ist man in Brüssel, sowie in Paris und Berlin unfähig die Erfahrungen aus einer völlig fehlgeschlagenen US-Ausbildungsmission in Mali irgendwelche Erkenntnisse zu. Vier Spezialeinheiten wurden damals trainiert. Drei davon schlossen sich den Tuareg-Rebellen an und trugen die Hauptlast der Unabhängigkeitsbewegung. Die vierte Einheit zögerte ebenfalls nicht, ihr in den USA erlangtes Können auf besondere Weise zu nutzen – beim Putsch gegen Malis Regierung im März letzten Jahres.

 Deutschland wäre deshalb sehr viel besser beraten, auf eine breit angelegte politische Agenda unter Beteiligung aller gesprächsbereiten zivilen und bewaffneten Kräfte zu drängen und bei der Lösung der wachsenden humanitären Probleme voranzuschreiten. Derzeit schätzen wir mit 1.200.000 Menschen, die im Rahmen des französischen Engagements ihre Heimat verlassen müssen, es besteht akuter Mangel an Medikamenten und vor allem an Nahrungsmitteln. Da wäre es ein erster Schritt, die nach dem Putsch eingestellte deutsche Entwicklungszusammenarbeit wieder aufzunehmen. Deutschland sollte sich in Mali politisch und humanitär engagieren – und sich nicht durch seinem politischen Partner in einen militärischen Konflikt hineinziehen lassen.

Vor allem aber sollten sich Berlin und die EU einer vorausschauenden Außenpolitik verschreiben, statt den Dingen weiterhin ihren Lauf zu lassen und abzuwarten, bis gewaltbereite Gruppierungen erneut vollendete Tatsachen schaffen. Hätte die internationale Gemeinschaft auch hier, wie von uns gefordert, früher auf einen umfassenden Dialog, auf diplomatische Vermittlung, auf die vorbeugende Bekämpfung des Waffen- und Drogenhandels gesetzt, wäre ein gewaltsamer islamischer Einfall von vorn herein ausgebleiben und die Situation sähe heute ganz anders aus. Diese ohnehin müßig gewordene Analyse wird von der Realpolitik natürlich als utopisch verschrien werden – weltpolitische Realitäten sind den Politkadern und ihren Lobbyisten-Freunden genauso unbequem, wie nach Freiheit strebende Völker. Ebenso unwirklich ist aber auch deren Glaube daran, die komplexen Probleme in Mali wegbomben zu können.

 Frá Eduard Prinz Kapiani

Ritter des Tempels

 

Erstellt mit Material von REUTERS


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#5

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Sydney,Australien

Am heutigen Abend wurde von AFP ein Foto veröffentlicht mit dem Titel: "Ein malischer Soldat geht gegen Plünderer vor", in dem Nachrichten-Artikel "In Timbuktu werden die Geschäfte von Arabern geplündert". Wir bitten unsere User dieses Bild einmal neutral und unvoreingenommen zu bewerten.

 

Die Frage, welche sich hier zwingend stellt ist, was sieht man auf dem Bild wirklich?

Frá Eduard Prinz Kapiani

Ritter des Tempels


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#6

- admin -

Sydney,Australien

Das oben eingestellte Bild beweist eindeutig, dass die Meldungen über angebliches Vorgehen malischer Truppen gegen plündernde Schwarzafrikaner eine bewusst gesteuerte Falschmeldung ist. Tatsache ist, dass malische Soldaten sich an den Plünderungen gegen arabische Händler, Häuser und Familien aktiv beteiligten. Das obige Foto wurde in Gegenwart von Mitarbeitern einer bekannten NGO von französischen Medienvertretern gestellt.

Frá Ming Bao Li

Komtur des Tempels


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#7

- admin -

Sydney,Australien

Militärische Erfolge in Mali

Französische Truppen führen seit Mitte Januar einen Militäreinsatz gegen Unabhängigkeitsbestrebungen im Norden Malis. Diplomatisch und taktisch klug wurde der Einsatz als Kampf gegen den Islamismus und die Al-Kaida propagiert. Islamisten hatten den von den Tuareg als unabhängig erklärten Norden des Landes annektiert um einen islamischen Gottesstaat nach Vorbild des Iran zu etablieren. Nach dem Eingreifen der französischen Truppen zogen sich die islamistischen Terrorbrigaden des Maghreb in den gebirgigen Norden Malis zurück und versuchten seither in Mali genau dort zuzuschlagen wo die Franzosen sich zurückgezogen hatten. Ihr erster schwerer Gegenangriff erfolgte auf Gao, welches von 2012 bis zum 26. Januar 2013 Hauptstadt des nicht anerkannten Tuareg-Staates Azawad war. Dort trafen sie zunächst auf völlig überraschte und der Situation nicht gewachsene malische und französische Soldaten welche sich auf den Süden der Stadt zurückziehen mussten. Siegessicher rückten die Islamisten in einem erneuten schweren Angriff weiter vor und trafen nun auf die gerade eingetroffenen Bataillone aus dem Tschad. Diese gingen direkt aus ihren Bereitstellungsräumen zum Gegenangriff über, fügten den Islamisten eine verheerende Niederlage zu und trieben diese ins Ifoghas-Gebirge im Nordosten Malis zurück. In diesem Gebiet konzentrierten sich seither die Kräfte der diversen islamistischen Brigaden und warteten auf Verstärkung und Ausrüstung aus Algerien, Mauretanien und Libyen.  Diese Kräfte sind trotz ihrer geringen Anzahl keineswegs zu unterschätzen und zudem in der Lage auf große Reserven an Geld – sie erhielten in den letzten 5 Jahren eine hohe dreistellige Millionensumme von der französischen Regierung -, Material und auch in begrenzterem Umfang Menschen zurückzugreifen. Die tschadischen Wüstenkampfspezialisten haben das gesamte Gebiet  abgeriegelt und heben die Islamistennester systematisch aus. Die Islamisten sind jedoch durchaus in Lage hier teilweise heftige Gefechte zu liefern. Es gab auch auf Seiten der tschadischen Einheiten bedauerliche Verluste, weshalb man die Vorgehensweise neu orientierte und sich der Guerillataktik stellte. Seither ist es gelungen den aus Algerien stammenden Extremistenführer Abdelhamid Abou Zeid zu töten und dessen Einheit erhebliche weitere Verluste zuzufügen. Tschadische Truppen meldeten  am Samstag im Norden Malis einen Islamisten-Stützpunkt im Ifoghas-Massiv zerstört und "mehrere Terroristen" getötet zu haben, darunter den Anführer Mokhtar Belmokhtar, genannt "der Einäugige", wie der Generalstab der tschadischen Armee in einer Konferenz mitteilt.

Der Algerier Belmokhtar ist ein von den Amerikanern und Iranern ausgebildeter früherer Anführer des Terrornetzwerks al-Qaida im Islamischen Maghreb (Aqmi). Seine Gruppe al-Mulathamin ("Die mit Blut unterzeichnen") war für die blutige Geiselnahme auf einer algerischen Gasförderanlage verantwortlich, bei der im Januar 37 ausländische Geiseln getötet wurden. Er drohte seither wiederholt mit weiteren Angriffen, sollte der französische Kampfeinsatz in Mali nicht eingestellt werden.

Sollten sich diese Meldungen bestätigen, können wir dies als wirkliche Erfolge im Kampf gegen den Terror betrachten. Die tschadischen Truppen scheinen das große Vertrauen des Tempels in ihre Einsatzfähigkeit erneut zu rechtfertigen. Die Zeit für Verhandlungen mit extremistischen Terrorgruppierungen egal welcher politischen oder religiösen Couleur ist lange abgelaufen. Welches Spiel aber spielen die Franzosen in diesem Auftritt?

 

Frá Ming Bao Li

Komtur des Tempels

 


 - Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -

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