In den letzten Tagen fanden einige durchaus beachtenswerte Sätze des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck breite Aufmerksamkeit. Dieser plädiert für einen toleranten Umgang mit der AfD. „Auch gegenüber rechts braucht es eine erweiterte Toleranz“, sagte der 80-Jährige. „Zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft gehören Streit und Auseinandersetzung.“ Er persönlich sympathisiere nicht mit der rechtspopulistischen AfD. „Aber ich kann es auch nicht ab, wenn man alle Wähler der AfD als Faschisten bezeichnet.“ Wie nicht anders zu erwarten waren die Inhalte der Medienkommentare genauso widersprüchlich wie aggressiv. Von „Keine Toleranz bis Verbot“, auf der einen Seite, hin zu Rufen nach Toleranz und auch Akzeptanz auf der anderen Seite , konnte man die gespaltene Gesellschaft nicht nur durchscheinen sehen, man spürte dieses, genauso wie an vielen Anzeichen im öffentlichen Leben dieses Landes in den letzten Jahren. Dem Altbundespräsidenten ist dieses sicher genauso bewusst geworden, wie man es hier im Tempel seit Jahren erkannt hat. Beschwerden sich noch vor einigen Jahren die Medien und auch viele Größen der Politik über eine gewisse Politikverdrossenheit der Bürger, so wandelte sich dieses inzwischen in ein Verhalten des Rückzuges aus der öffentlich erklärbaren und lebbaren Meinungsfreiheit. Die Freiheit der individuellen Meinung wurde in ein Meinungsdiktat der Minderheiten und „Anderen“ gezwungen. Das „Deutsche“ muss abgeschafft werden. Die deutsche Geschichte ist nichts als ein Phantomschmerz einer gescheiterten Ideologie. Der deutsche Staat nichts als eine Fata Morgana gescheiterter preußischer Ideale. Das deutsche Volk eine Einbildung, geboren aus dem Erkennen des Scheiterns der westeuropäischen Völkerwanderung. Inzwischen kann man als neutraler Beobachter eine regelrechte Revolution gegen die Geschichte des "Deutschen" wahrnehmen, die sich nicht allein auf Zerstörung von Erinnerungen, Straßenumbenennungen und öffentlicher Herabsetzung deutscher historischer Größen beschränken, sondern bereits in der Erziehung und Bildung der nächsten Generationen tiefe Spuren hinterlässt. In China nannte man solches Kultur-Revolution, deren schreckliche Folgen noch heute im ganzen Land zu finden sind und deren Auswirkungen bis heute in der Politik des Landes nachwirken. Sicher ist Geschichte auslegbar und die Erkenntnisse daraus den historischen Abläufen nicht immer sinngebend folgend. Jedoch ist es mehr als nur sinnvernichtend und auf erkennbar infantil dekadente Art und Weise wertezerstörend, wenn ein Staat seine Macht gegen das eigene Volk richtet. Genau dies müssen wir aus den Entwicklungen in Deutschland und Europa erkennen.
Aber bleiben wir zunächst bei dem Phänomen AfD. Den Erfolg dieser politischen Ideologie kann man nicht allein in Ursachen festmachen, die in der Vergangenheit liegen – es sind Ursachen zu erkennen und zu reflektieren, die im Versagen der akzeptierten und etablierten politischen Ideologien liegen. Das Versagen der Regierung Merkel und die politischen Spiele aller beteiligten Parteien haben eine Unsicherheit in das Volk gebracht, welche so belastend ist, dass hier zwingend nach Änderung verlangt wird. Die politisch zu verantwortende Unsicherheit im Inneren wird zunehmend verstärkt durch zusätzliche Existenzängste schürende Belastungen im globalen Rahmen. Klimaveränderungen, zunehmende Belastungen der Globalisierung durch diese selbst, zwingend zu realisierende Erkenntnisse der Grenzen der Weltwirtschaft und Finanzwirtschaft, erreichte Belastungsgrenze des Planeten durch Überbevölkerung und nicht endende Kriege, erfordern Entscheidungen, die sicher nicht populär sein können, welche jedoch alternativlos sind.
In Deutschland laufen viele Menschen auf der Suche nach Veränderung der AfD nach. Sie sehen in den sogenannten Volksparteien keine eigenen Interessen vertreten und die Flügelparteien scheinen nur noch auf der rechten Seite die eigentlichen Aufgaben und Interessen des Staates vertreten zu können. Eine Entwicklung die sich nicht allein auf Deutschland beschränkt, jedoch gerade in Deutschland ein politisches Engagement verlangt, welches geeignet sein muss diese Entwicklung umzukehren. Deutschland braucht einen politischen Wandel, das ist alternativlos – jedoch ist ein solcher mit den bisher aufgelaufenen Parteien chancenlos. Ein „weiter so“ wird genauso in den wirtschaftlichen Ruin führen, wie weltfremde Versuche politischer Wege im rechten oder linken Spektrum. Im Tempel regt sich die Hoffnung, dass die Natur der Politik und der Wirtschaft vielleicht einen neuen Weg aufzwingt, der sich aus den Erfordernissen im Umgang mit gewissen Pandemie Szenarien ergibt.
Die derzeitigen Maßnahmen und Aktionen politischer Akteure und insbesondere der Medien sind jedoch nicht geeignet „das Volk“ aufzuklären und zu einen. Die Reaktionen auf die wenigen, eigentlich harmlosen Worte des Altbundespräsidenten, zeigen eine gefährliche Tendenz. Erschreckend sind auch die zunehmend interessengeprägten Veröffentlichungen von sogenannten Umfragewerten. Hier sollte die Politik sehr aufmerksam beobachten wie verwertbar solche sind. Selbst unsere Kräfte in Deutschland würden bei solchen Befragungen niemals die tatsächliche Meinung äußern. Ganz einfach, weil schon an den Fragen und den Interviewern erkennbar ist, was diese „Befragungen“ zum Ziel haben. Viele Menschen mussten auch die Erkenntnis finden, dass ihre tatsächliche „Meinung“ überhaupt nicht von Interesse ist und auch gegen sie selbst verwertet werden könnte.
Was aber ist gefährlicher für einen Staat als eine gespaltene Gesellschaft, deren wirklich destruktiv agierende Kräfte im Untergrund wirken?
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Frá Danhui« (02.03.2020, 21:10)