Die Sozialstaatsutopien von Rot-Grün blühen, und genau in solchem ideologisch vergifteten Milieu sollen die zukünftigen Steuerzahler vom ersten Lebensjahr an herangezogen werden – nicht von sorgenden Eltern, sondern vom bevormundenden Staat. Die SPD sieht Kinder in der Kita und in absoluter staatlicher Aufsicht und Obhut, nirgendwo sonst. Statt Privatheit und Intimität der Familie zu respektieren, soll dem Staat mit aller Härte Sozialisationsmaterial zugeschoben werden
Die Luft über den Kinderbetten ist wieder Kriegsgebiet. Vorbereitet wurde der Konflikt durch das Sturmgeschütz der Demokratie, den "Spiegel". Der rechnete in einer zehnseitigen Titelgeschichte nicht nur mit der schwarz-gelben Familienpolitik ab, sondern redete (nicht sonderlich verklausuliert) einer rot-grünen Familienpolitikwende das Wort. In der Kavallerie reiten rote und grüne Wahlkämpfer, die mit ihrem Kulturkampf um das Betreuungsgeld in beispielloser Art und Weise Würde und Ansehen jener Frauen (oder Väter) beschädigt haben, die, aufopferungsvoll und wie von Pädagogen und Psychologen empfohlen, für ihre Kinder da sind, wenn diese sie am dringendsten brauchen.
In dem Kulturkampf geht es nur vordergründig um eine Entwertung traditioneller Familienmodelle. Es geht vielmehr um einen alten sozialistischen Traum, der Erziehung vor allem als Aufgabe des Staates begreift. Sozialdemokraten wie Peer Steinbrück, Hannelore Kraft, Heinz Buschkowsky oder Andrea Nahles wollen Kinder zügig in die Obhut von Kitas schicken, und die Grünen krähen mit in diesem Chor derjenigen, die sich vor allem um die Abrichtung künftiger Steuerzahler sorgen. Besonders deutlich wird dies in der Begründung, warum Frauen schnell nach der Geburt wieder in Vollzeit arbeiten sollen: um tüchtig Steuern zu zahlen und die Sozialsysteme zu stützen. Das Glück von Eltern und Kindern ist zweitrangig. Es ist eine zynische Debatte, die da von den Staatsbeglückern angezettelt wird und das Wohl des Kindes aus den Augen verliert. Und diese Kinder wollen und sollen bis zum dritten Lebensjahr möglichst viel bei der Familie sein – dies ist nicht nur empirisch, sondern in vielen internationalen wissenschaftlichen Arbeiten nachgewiesen. Die Verstaatlichung des kostbarsten Raumes von Privatheit, der zarten Intimität und Schutzbedürftigkeit der Familie, ist ein weiteres Symptom dafür, mit welcher Härte dem Staat Sozialisationsmaterial zugeschoben werden soll. Hinzu kommt eine nicht nur kühl, sondern regelrecht unmenschlich anmutende Ökonomisierung der Familienplanung.
An deren Ende steht ein inzwischen weitestgehend dysfunktionaler Sozialstaat, bei dem der eine Fördertopf nicht weiß, was der andere subventioniert. "Privat vor Staat" muss für die Familie aber im Besonderen gelten. Das fängt schon damit an, dass die Wirksamkeit von Familienpolitik nicht wie im bäuerlichen Zuchtbetrieb nach der Zahl der Geburten validiert wird.
Ein Verdienst kommt der Erregtheit um ein interessenträchtiges Expertenpapier aber zu: Es verdeutlicht, wie verwachsen der Dschungel an Förderungen und Bürokratie geworden ist. Gerade junge Familien benötigen eines: weniger Nerverei durch Bürokratie und dafür mehr Netto vom Brutto – um selbst zu entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen wollen und wer das machen soll. Papa, Mama oder Vater Staat.
Mit freundlicher Genehmigung © Axel Springer AG 2013. Von Ulf Poschardt
- Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -