Ab und An muss und sollte man sich auf das besinnen, was man vermittelt bekam und bekommt.
Ich las in den letzten Tagen ein paar altägyptische Mythen und Geschichten, unter anderem "Die Expedition nach Punt" und gerade eben "Jan Assman - Schöpfungsmythen und Kreativitätskonzepte im Alten Ägypten"
In dieser Ausführung von Assmann würde ich gern den letzten Abschnitt einstellen und später tiefer in diese Gedankengänge eingehen. Dieser letzte Absatz, eigentlich schon ein Fazit, zeigt einen ägyptischen Text der Spätantike.
Assman schreibt dazu folgendes:
"Für die Menschen ergibt sich daraus, dass sie, ganz im Gegensatz zum Menschen der Bibel, zu unablässiger anbetender Mitwirkung und Anteilnahme aufgefordert sind. Wenn die Ägypter aufhörten, den Kosmos anzubeten, würde in ihren Augen die Welt unbewohnbar werden. Davon handelt ein ägyptischer Text der Spätantike, der schon Auge in Auge mit dem heraufziehenden Christentum entstanden ist:
Und doch wird eine Zeit kommen, wenn es so aussieht, als hätten die Ägypter vergeblich die Gottheit verehrt mit frommem Herzen und unablässiger Hingabe und alle heilige Hinwendung zu den Göttern wird vergeblich und ihrer Früchte beraubt sein. Denn die Gottheit wird von der Erde wieder zum Himmel aufsteigen und Ägypten verlassen. Dieses Land, einst der Sitz der Religion, wird nun der göttlichen Gegenwart beraubt sein. Fremde werden dieses Land bevölkern, und die alten Kulte werden nicht nur vernachlässigt, sondern geradezu verboten werden. Von der ägyptischen Religion werden nur Fabeln übrig bleiben und beschriftete Steine. <. . .> In jenen Tagen werden die Menschen des Lebens überdrüssig sein und aufhören, den Kosmos (mundus) zu bewundern und zu verehren. Dieses Ganze, so gut, dass es nie etwas Besseres gab, gibt noch geben wird, wird in Gefahr sein, unterzugehen, die Menschen werden es für eine Last ansehen und es verachten. Sie werden diese Welt, das unvergleichliche Werk Gottes, nicht länger lieben, diesen glorreichen Bau, gefügt aus einer unendlichen Vielfalt von Formen, Instrument (machina) des göttlichen Willens, der seine Gunst rückhaltlos in sein Werk verströmt, wo sich in harmonischer Vielfalt alles, was der Anbetung, Lobpreisung und Liebe wert ist, als Eines und Alles zeigt. Finsternis wird man dem Licht vorziehen und Tod dem Leben. Niemand wird seine Augen zum Himmel erheben. Den Frommen wird man für verrückt halten, den Gottlosen für weise und den Bösen für gut. <. . .> Die Götter werden sich von den Menschen trennen – o schmerzliche Trennung! – und nur die bösen Dämonen werden zurückbleiben, die sich mit den Menschen vermischen und die Elenden mit Gewalt in alle Arten von Verbrechen treiben, in Krieg, Raub und Betrug und alles, was der Natur der Seele zuwider ist. In jenen Zeiten wird die Erde nicht länger fest sein und das Meer nicht mehr schiffbar, der Himmel wird die Sterne nicht in ihren Umläufen halten noch werden die Sterne ihre Bahn im Himmel einhalten; jede göttliche Stimme wird notwendig zum Schweigen kommen. Die Früchte der Erde werden verfaulen, der Boden wird unfruchtbar werden und die Luft selbst wird stickig und schwer sein. Das ist das Greisenalter der Welt: das Fehlen von Religion (inreligio), Ordnung (inordinatio) und Verständigung (inrationabilitas)."
Ich werde versuchen mich in nächster Zeit mehr mit der Lehre von Heliopolis auseinanderzusetzen und ich denke das mit diesem Text ein guter Einstieg gegben ist der den Grund der Vernachlässigung und Abweichung der Maát aufzeigt.
Zitat Frá David: Um Thema und Anliegen des Textes verstehen zu können, muss man die Eigentümlichkeiten der ägyptischen Schöpfungsidee berücksichtigen, wie diese in der dynastischen Zeit aus politischen Gründen geformt wurde. Schon die älteste Schöpfungslehre, die Lehre von Heliopolis, welche auf der Grundlage der Lehren des Priesterkönigtums von Ach-Bit aufgebaut ist, veranschaulicht wie der Schöpfergott ATUM – der EINE der ALLES ist – sich zugleich in die Welt entfaltet und die Welt erschafft, und zugleich lässt sie dazu parallel, zu diesem komplementär gedachten, zugleich transitiven und intransitiven Prozess, die Herrschaft entstehen und von einer Göttergeneration auf die andere übergehen, bis schließlich in der fünften Generation Horus die Herrschaft erbt, der sich als Gott des geschichtlichen Königtums in jedem regierenden Pharao verkörpert.
Dies war heute mein Ausgangspunkt und Assman schreibt dazu:
Alle sind sich darin einig, dass der Ursprungsimpuls im Sinne der Entstehung und nicht der Schöpfung zu denken ist. Nach Ansicht der Lehre von Heliopolis, die nicht nur als die älteste, sondern auch als die zentrale und klassische ägyptische Schöpfungslehre zu gelten hat, in Bezug auf die alle anderen ägyptischen Schöpfungslehren Kommentare und Elaborationen darstellen, entstand die Welt mit dem „ersten Mal“ des Sonnenaufgangs, als der „von selbst entstandene“ Sonnengott aus dem Urwasser auftauchte und seine Strahlen in eine noch raumlose Welt hinausschickte.