Die von Gyges Beitrag zu entnehmenden Angaben über die Chronologie Babyloniens stammen offensichtlich aus einem Werk zur Bibelhilfe der WTG. Diese sind natürlich entsprechend „bearbeitet“ worden, um eine Bibelchronologie zu bestätigen, welche einer wissenschaftlichen Überprüfung niemals standhalten kann. Dies ergibt selbst ein sofortiger Textvergleich mit der Keilschrifttafel mit der Bezeichnung VAT 4956, welche sich auf der Museumsinsel in Berlin in der Vorderasiatischen Abteilung des Museums befindet und welche die Grundlage der irreführenden Theorien der WTG bildet. Von den vielen Beobachtungen, die VAT 4956 enthält, sind 29 so genau, dass neuzeitliche Astronomen leicht den exakten Tag feststellen können, an dem sie gemacht wurden.Auf diese Weise lässt sich zeigen, dass diese Beobachtungen (des Mondes und der fünf Planeten) sämtlich im Jahr 568/67 B.C. angestellt worden sein müssen. (In astronomischen Berechnungen, die zwischen l B.C. und l C.E. ein Jahr Null einschieben, wird das Datum als - 567/566 angegeben.)Wenn Nebukadnezars Regierungsjahr das Jahr 568/567 B.C. war, dann muss sein erstes Jahr 604/603 B.C. gewesen sein und sein 18. Jahr, in dem er Jerusalem verwüstete, war 587/586 B.C.
Hätten diese Beobachtungen alle tatsächlich auch 20 Jahre früher gemacht werden können, im Jahr 588/587 B.C., welches gemäß der im Buch Hilfe zum Verständnis der Bibel (WTG) enthaltenen Chronologie dem Regierungsjahr Nebukadnezars entsprach?:
Unter den Wissenschaftlern, welche sich mit der Erforschung der Zeitrechnung befassen, herrscht Konsens darüber, dass es eine derartige Kombination astronomischer Positionen in Tausenden von Jahren nicht wieder geben würde. Die auf der Tafel VAT 4956 angegebenen Beobachtungen müssen im Jahr 568/567 B.C. angestellt worden sein, denn sie passen zu keiner anderen Konstellation, die es Tausende von Jahren vorher oder nachher gegeben hat!
Damit stützt VAT 4956 die Chronologie der neubabylonischen Ära, so wie sie von den Historikern aufgestellt wurde, in ganz besonderem Maße. Bei Nachprüfung durch neuzeitliche Astronomen stellten sich diese Berechnungen gewöhnlich als korrekt heraus.
Seit der WTG die wissenschaftlichen Ergebnisse nicht mehr in den Kram passen versucht diese die babylonischen Textschreiber der VAT 4956 als Fälscher zu beschuldigen und zu entlarven. Hier wird unterstellt, die Abschreiber aus späterer Zeit hätten die Urkunden beim Kopieren gefälscht, damit sie mit ihren eigenen Vorstellungen über die Chronologie des alten Babylon und Persien übereinstimmten. Vgl: Erwachet! Vom 8.8.1972 Seite 28. - Ist diese Theorie plausibel?
Wie schon gesagt, ist die Tafel VAT 4956 auf die Zeit vom 1. Nisan des 37. Jahrs Nebukadnezars bis 1. Nisan seines 38. Jahres datiert.
Darüber hinaus sind beinahe alle Ereignisse, die erwähnt werden, mit Datum -Monat, Tag und Tageszeit - versehen.
Im ganzen Text erscheinen vierzig solche Daten, wenn auch das Jahr natürlich nicht an allen Stellen noch einmal genannt wird. Auf diese Weise sind alle bekannten Tagebücher datiert.
Hätten die Abschreiber die Jahresangaben in den Texten fälschen wollen, so hätten sie den Namen des regierenden Königs ändern müssen, denn wenn das 37. Jahr Nebukadnezars auf 588/587 v.u.Z. fiel, wie es im Erwachet behauptet wird, dann müsste er im Jahr 568/567, als die Beobachtungen von VAT 4956 gemacht wurden, schon viele Jahre tot gewesen sein. Die Chronologie des Bêl-re'ušunu für das neubabylonische Reich stammt aus der Seleukidenzeit und stellt augenscheinlich das zeitgenössische, "gängige" Konzept der neubabylonischen Chronologie dar. Die dortigen Angaben über die Herrschaftszeiten der neubabylonischen Könige sehen für Nebukadnezars 37. Jahr das Jahr 568/567 B.C. vor, genau wie VAT 4956.
Diese neubabylonische Chronologie des Bêl-re'ušunu erweist sich in vollständiger Übereinstimmung mit der Chronologie, die man den vielen zeitgenössischen Texten aus der neubabylonischen Zeit selbst entnehmen kann, wie den Chroniken, Königsinschriften, Handelsurkunden und, was für uns als überzeugendste Beweislast zählt, mit den ägyptischen Quellen aus derselben Zeit!
Frá Theodor v. Schöning
Komtur des Tempels
Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist noch nicht einmal vorbei (Ramses II.).
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Frá Theodor« (13.12.2012, 12:02)