Hallo Mithras, willkommen auf unserer Forenseite. Gerne wollen wir versuchen Ihrer Suche nach weiteren Hinweisen auf das Leben des Apostels der Christen Paulus weitere Informationen zur Verfügung zu stellen. Benedikt XIV. stufte die Lehren des Clemens als zweifelhaft bis gefährlich ein und ließ den größten Teil seiner Werke aus dem Vatikan entfernen. So ist auch hier sehr viel verlorengegangen was der Welt sicher noch dienlich sein könnte. Wenn Ihre Frage darauf abzielt in welcher der Clemens Handschriften der Hinweis auf das Leben des Paulus zu finden ist, dann müssen wir hier auf eine Schrift verweisen, von der nur noch zwei Überlieferungen vorhanden sind – eine Abschrift befindet sich in den Archiven des Vatikans zu den frühen christlichen Gemeinden, das Original befindet sich in einem Maroniten-Kloster in Syrien. Es handelt sich um einen Brief des Clemens an einen Griechen in Alexandria, der zu einer Marcioniten-Gemeinde gehörte (nicht verwechseln! Maroniten – Marcioniten!). Zu jener Zeit waren die Marcioniten bereits die christliche Strömung mit den meisten Gemeinden im Imperium und damit der erfolgreichste Konkurrent der in den Schriften sogenannten Amtskirche, welche tatsächlich überhaupt noch nicht existierte. Marcion war der erste, der das Christentum aus einer Sammlung von 7 dem Paulus zugeschriebenen Schriften definierte und lehrte und zudem ein Lukasevangelium in einer deutlich abweichenden Ausgabe, von der kirchlich gebräuchlichen Version, nutze (weitere Informationen kann man sehr gut im Internet recherchieren).
Geht man davon aus, dass Marcion sehr frühe Abschriften von Paulus-Briefen nutzte, dann fällt die erschreckend große inhaltliche Diskrepanz zu den bereits zum Ende des 2. Jahrhunderts im Umlauf befindlichen Paulus-Schriften bei den christlichen Gemeinden der Kirche auf. Besonders auffällig sind auch die deutlich voneinander abweichenden Schriften innerhalb der Amts-Kirche selbst, von denen es mehre Dutzend gab. Schon die von Marcion genutzten 7 Paulusschriften sind nicht identisch mit den heute als protopaulinische Briefe bezeichneten Schriften und schon gar nicht mit den katholischen – ganz abgesehen von den Inhaltlich feststellbaren Abweichungen, welche eine völlig andere Lehre zu der heute kirchlich vertretenen zeigt und offenlegt, dass die Kirche offensichtlich recht häufig aus dogmatischen Gründen den Originaltext nach ihrem Gutdünken bearbeitet und geändert hat. Selbst der Brief an die Römer – die Grundlage paulinischer Lehre – ist von der Aussage her in wesentlichen Punkten eine Schrift, die eindeutig auf die Lehre Marcions zurückzuführen ist. Um diese Diskrepanz geht es auch im Tenor des zuvor genannten Clemensbriefes. Clemens erhebt den Vorwurf gegen die Marcioniten die Paulusbriefe sehr zum Schaden der Lehre verändert zu haben – die Ketzervorwürfe entstanden bereits zu Lebzeiten gegen Marcion – und nimmt im Schreiben Bezug zu einem erhaltenen Brief, in welchem das Leben des Paulus in verschiedenen Versionen dargestellt und gegenübergestellt wurde. Clemens selbst schließt bereits daraus, dass es sich bei dem Apostel Paulus wohl um keine authentische Person gehandelt haben möge, sondern sehr früh verschiedene Prediger zu einer Person verschmolzen wurden, der man dann das Leben des Paulus aus den diversen Schriften überstülpte. So sind auch die große feststellbare Widersprüchlichkeit in den Texten und die Unsicherheit in der Zuweisung von wirklichen Paulusbriefen (sofern es solche überhaupt gibt) und solchen die ihm zugeschrieben werden leichter zu verstehen. Eine der in die Paulus-Figur eingeflossenen Personen ist der selbst in den Evangelien angedeutete Simon, welcher später als Magier diskreditiert und in dutzenden verschiedenen Erzählungen auf die eine oder andere Art zerrissen wurde. Finden wir hier in den Simon Erzählungen eine Darstellung des Streites zwischen Paulus und Petrus? Aber egal wie viel Personen in Paulus tatsächlich eingeflossen sind, bleibt festzustellen, dass neben Simon, zumindest ein weiterer Paulus feststellbar ist, welcher eine Ausbildung zum Richter machte und somit zur Zeit seiner „Erleuchtung“ mehr als 40 Jahre alt war. Ein Richteramt konnte niemand erwerben, der nicht verheiratet oder in nicht geordneten Verhältnissen lebte. Von dieser Person erfahren wir aus den Briefen jedoch ebenfalls nichts Privates. Zudem finden wir sicher Textfragmente die aus der Vorstellungswelt Marcions resultieren – eingeflossen sind diese durch einen späten Schüler Marcions. Damit sind alle Autoren der Paulus-Briefe aber noch nicht erfasst – sicher sind die Spuren der Beteiligung von zumindest einem weiteren Dutzend Schreibern. Hier tiefer einzudringen erfordert ein genaues Studium der Frühgeschichte des Christentums und der werdenden katholische Kirche, welche zu jener Zeit nichts anderes als eine Häresie neben anderen Häresien war; freilich diejenige, mit dem größten Erfolg. Den Kampf gegen ihre Konkurrenten hat sie gewonnen aufgrund ihrer nahezu militärisch zu bezeichnenden Organisation und ihrer menschenverachteten Brutalität gegenüber Andersdenkenden.“
Wir können Interessierten hier die Schriften von Adolf von Harnack empfehlen – welche durchaus dem wahren Marcion sehr nahe kommen. Für die Lehre des Tempels sind diese „Häretiker“ nur von Interesse soweit diese den Einfluss christlichen Gedankengutes auf den Koran und die Lehre des Islam aufzeigen.
Frá Francesco Lombardo di San Chirico
Komtur des Tempels
- Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen -