Die Mehrheit der Menschen in Europa und den überwiegend vom christlichem Glauben geprägten Nationen der Welt sind heutzutage überwiegend negativ gegenüber „dem HEILIGEN“ als solches und „den Heiligen“ als Menschen und Personen mit auffällig geprägtem Verhalten und Leben eingestellt. Versucht man unter neutraler Betrachtung dem Ursprung der Heiligenverehrung auf den Grund zu kommen so steht man vor einem Dilemma. Die Geschichte lehrt uns etwas ganz anderes über diesen Ursprung und die Entwicklung hin zu einer im Glauben manifestierten Heiligkeit von Personen oder auch Erscheinungen oder Ereignissen. Schon die Wörter Heiliger, Heilige, Heiligkeit nahmen im Laufe der Zeit eine Art von besonderer Bedeutung an, die sich von der früheren wesentlich unterscheidet. Bei den Griechen bedeutete »heilig « in erster Linie nicht zum profanen Leben gehörend. Daher erklärt sich auch das empfundene Grauen, das von heiligen Orten ausging, an denen die Menschen in Berührung mit einer vermeintlich überirdischen Welt kamen. Solche Orte waren zudem oft von furchterregenden, für die damalige Zeit nicht zu erklärenden Naturerscheinungen begleitet.
Mit dem Begriff Heiligkeit assoziierte man Reinheit, Makellosigkeit, Unantastbarkeit. Das hierfür übliche griechische Wort hagios bezeichnete übrigens nie einen lebenden Menschen und wurde auch nur sehr selten gebraucht, man verwendete es nur in Bezug auf Götter. Der griechische Begriff blieb aber in seiner Auffassung weit entfernt von der christlichen Heiligkeit, die ihre Wurzeln in der biblischen Heiligkeit sieht, welche durch jene Personen verkörpert wurde, die das Volk Israel geführt, gerichtet oder eben „geheiligt“ haben sollen, wie die Anführer der israelitischen Geschichte um Moses, Josua, Samuel oder die in der Bibel angeführten Propheten. Man unterstellt hier als völkisch gesellschaftliches Narrativ, das es Gott ist, der durch diese spricht: »Seid heilig, wie auch ich heilig bin«.
Die Christen sehen sich als Erben dieser Heiligkeit, die sich, nach deren Glauben, durch Christus auf ein ganzes Volk ausdehnte. Sie sehen sich als Erben und erwählte Kinder Gottes, der allein heilig ist. Der zuerst an eine Gruppe, eine Gemeinschaft und ein Volk gebundene Begriff soll nun für all jene Menschen gelten, die den „Neuen Bund“ der von Christus begründet und von Paulus in die „Welt“ getragen wurde, anerkennen. Dieser Bund bedeutet die Teilnahme an einem mystischen Leben, das die innere Umkehr des erkennenden Menschen bewirkt, die eine Verwandlung des gesamten Menschen, also auch seines Verhaltens, der Sitten, der Hingabe an Gott und hier als besonderen christlichen Lehrinhalt, an den auch von Gott geliebten Nächsten, zur Folge hat. Der christliche Glaube versucht hier in dem Menschen eine uneingeschränkte Heiligkeit zu erkennen, die durch Christus von Gott kommt und durch den Heiligen Geist auf die Kirche übertragen wird, dass bedeutet auf die Gemeinschaft der im christlichen Glauben getauften Menschen. Der Ausdruck der Heiligkeit wird hier durch die Christen mit einem Bedeutungswandel belegt. Liebe wird zur uneingeschränkten Nächstenliebe. Aus dem eros wird agape, eine tätige, selbstlose, den anderen willentlich in Güte, Barmherzigkeit und wohlwollende Gnade einschließende und allein den lebenden Menschen achtende Liebe. Hier wird eine Forderung an alle gläubigen Christen herangetragen – ja zur Pflicht und zum Lebensinhalt erhoben, die schon allein im heute so verstandenen Sinne der Vernunft und der menschlichen Intelligenz unerfüllbar erscheint. Die Biographie eines „Heiligen“ der diesen christlichen Anforderungen unbedingt und uneingeschränkt zu folgen in der Lage zu sein hatte, wird hierdurch zu einer »Geschichte der Zusammenarbeit Gottes und des Menschen im Lauf seines Menschenlebens«.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »
Frá Arkesh« (03.02.2018, 11:36)